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Aus dem GERICHTSSAAL: Noch-Gatte als „Geisel“

Anklage: Nötigung, Diebstahl, Unterschlagung

Stand:

Teltow – Die Teltower Polizei hat ausreichend mit den seit Sommer 2005 getrennt lebenden Eheleuten Gerhild und Gerd G.* zu tun. Immer wieder werden die Beamten zu Einsätzen gerufen, müssen schlichtend eingreifen und Anzeigen aufnehmen, die mitunter ein gerichtliches Nachspiel haben. Beim jüngsten Vorkommnis reichte ein Prozesstag nicht aus, Schuld oder Unschuld der wegen Einbruchsdiebstahls, Nötigung und Unterschlagung angeklagten zweifachen Mutter herauszufinden. Gerhild G.* (51) wird von ihrem Noch-Gatten, übrigens einem hochrangigen Juristen, beschuldigt, bei ihrem Umzug aus dem gemeinsamen Haus im Jahr 2006 ins Sommerhaus der Familie Gegenstände mitgenommen zu haben, auf die sie keinen Anspruch hatte. Über 70 Sachen listet die Anklage auf, u. a. ein Spinnrad, zwei Kuhglocken, die „Ahnengalerie“, eine Munitionskiste, handgeschnitzte Engel, ein Schaukelpferd, alte Plätzchenformen und eine Stereoanlage. Außerdem soll Gerhild G. das Schloss eines Schuppens, zu dem nur Gerd G. Zugang hatte, geknackt und eine Lichterkette, die Schwimmbadleiter sowie ein Fahrrad im Gesamtwert von 600 Euro entwendet haben.

Als Gerd G. persönliche Sachen bergen wollte, soll die Frau ihn kurzerhand eingeschlossen und ihn ebenso wie den 90-jährigen Schwiegervater, Sohn Clemens* (20 und dessen Freundin als „Geisel“ genommen haben. Der letzte Anklagepunkt dreht sich um vermeintlich unterschlagene Post an den Noch-Gatten, was diesen bei seinem Arzt in den Geruch eines hartnäckigen Schuldners gebracht haben soll. „Die Post habe ich mit der neuen Adresse meines Mannes versehen und in einen öffentlichen Briefkasten gesteckt“, versichert Gerhild G. Zu den anderen Anklagepunkten möchte sie sich nicht äußern. Dann räumt sie doch ein, zwei Uhren und eine Zinnlampe „ohne Erlaubnis“ eingepackt zu haben.

Bei einem Vergleich vor dem Familiengericht sei eindeutig festgelegt worden, was Gerhild G. bei ihrem Umzug in das Sommerhaus mitnehmen durfte, so Gerd G.* (53) im Zeugenstand. „Das waren ihre Stickbilder, auf die sie großen Wert legte, und die Kaninchen. „Aber daran hielt sie sich nicht. Vielmehr nutzte sie die Zeit, in der keiner da war, um das Familienhaus leerzuräumen.“ Für den Diebstahl könne nur seine Frau in Frage kommen, betont der Rechtsgelehrte. „Das Grundstück ist wie ein Hochsicherheitstrakt ausgestattet. Ein Fremder kommt da nicht unbemerkt rein.“ Übrigens habe sein Sicherheitssystem aufgezeichnet, wie Gerhild G. einen großen braunen Umschlag aus seinem Briefkasten angelte, danach mit ihrem Rad davongefahren sei.

„Wenn man gefangen gehalten wird, dann wird einem die Zeit schon lang“, gibt der inzwischen 90-jährige Schwiegervater von Gerhild G. zum Nötigungsvorwurf zu bedenken. Etwa zehn bis 15 Minuten sei er samt Sohn und Enkel damals im Haus eingeschlossen worden. Eine bis eineinhalb Stunden habe es gedauert, bis die Polizei kam und seine Schwiegertochter bewog, ihre Belagerung der Gartenpforte aufzugeben.

Die Gerichtsverhandlung wird am 3. April mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt. Dann soll auch das Urteil gesprochen werden. (*Namen geändert.) Hoga

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