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Baumblüte in Werder. Zwar gibt es das Blütenfest, optisch ist davon aber immer weniger zu erleben.

© Christian Zube

Potsdam-Mittelmark: Nur noch zwei „Ankerbetriebe“

Regionalmanagement-Studenten haben eine ernüchternde Analyse der Obstanbauregion Werder vorgelegt / Ihre Studie gibt aber auch Empfehlungen, wie es wieder aufwärts gehen kann

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Werder (Havel) - Viele rote Punkte sind auf der Karte verteilt, besonders bei Deetz und zwischen Plötzin und Elisabethhöhe fügen sie sich zu geschlossenen Flächen. Es handelt sich um Obstbauflächen, die in den vergangenen drei Jahren im Werderaner Havelland verlorengegangen sind. Grüne Punkte, die Zuwachs signalisieren, gibt es fast keine. Studenten der „Hochschule für Nachhaltige Entwicklung“ in Eberswalde haben die Karte zusammengestellt. Sie ist Teil einer Studie, in der die angehenden Regionalmanager im Auftrag des „Fördervereins Mittlere Havel“ die Situation des Obstbaus im Werderaner Havelland analysiert haben.

Das Fazit fällt ernüchternd aus: Anbauflächen gehen zurück. Den Betrieben fehlt der Nachwuchs, nur jeder fünfte Betrieb bildet Lehrlinge aus. Und die Obstgehölze sind überaltert, 60 Prozent älter als 21 Jahre. Ein marodes Brauchwassersystem und auslaufende Pachtverträge – auch das Wassermanagement und die Sicherung der Flächen sind problematisch. „Das Baumblütenfest existiert seit über 130 Jahren, aber optisch ist von der Blüte immer weniger zu erleben“, so Albrecht Feller, der mit Malte Bläring, Sarah Düring, Anne Taudtmann und Pascal Hänschke das Projektteam bildete.

Von 28 Obstbaubetrieben haben sich 21 an der Befragung der Studenten beteiligt. Sie bewirtschaften zusammen eine Fläche von knapp sieben Quadratkilometern und damit den Großteil der erhaltenen Flächen. Zum Vergleich: Vor der Wende war das „Havelländische Obstanbaugebiet“ 100 Quadratkilometer groß. Fünf der Betriebe denken über das Aufhören nach, vier wollen kleiner werden. Immerhin planen 13 auch Neupflanzungen. Die Studenten sehen den Obstbau in einem Strukturwandel. Was am Ende übrig bleibt, wird auch davon abhängen, wie jetzt die Weichen gestellt werden.

„Die Obstanbauregion muss sich neu erfinden“, so die Studentin Sarah Düring. „Werder ist als Obstanbauregion zwar noch in den Köpfen.“ „Ankerbetriebe“ mit über 100 Hektar großen Flächen gebe es aber lediglich noch zwei. Die Flächen wieder sichtbar und nachhaltig zu vergrößern und damit eine alte Kulturlandschaft zu bewahren, werde nur mit „Vertragsanbau“, mit starken Partnern aus der Wirtschaft funktionieren, meint Anne Taudtmann. „Die Obstbauern haben keine finanziellen Reserven.“ Auf der anderen Seite bestehe mit dem Fruchtexpress in Groß Kreutz ein großer Vermarkter, der bereits mit der Sicherung von Flurstücken begonnen hat.

Auch das haben die Studenten – alle stehen unmittelbar vor ihrer Masterarbeit – gelernt: Jeder Betrieb ist eine kleine Welt für sich und die wichtigsten Spieler an einen Tisch zu bekommen gar nicht so einfach. Für die meisten Obstbauern ist die Direktvermarktung der wichtigste Absatzweg. Sie verkaufen ihre Erzeugnisse auf Märkten in Berlin und dem Umland und glauben angesichts oft wenig erfreulicher Großmarktpreise, so noch am besten über die Runden zu kommen. Von „Netzwerken zwischen Betrieben und Vermarktern“ halten sie nicht sehr viel.

Für die Studenten gehört der „Aufbau zweigleisiger Vermarktungsstrukturen“ derweil zu den wichtigsten Handlungsempfehlungen, wenn der Werderaner Obstbau eine Zukunft haben soll. Die Direktvermarkter sollten ihre Interessen wieder in einer Erzeugergemeinschaft bündeln. Die Obstbauern sollten sich mit besonderen Verarbeitungsprodukten und attraktiven Hofläden ein zweites Standbein aufbauen, wie es zum Beispiel Schultzens Siedlerhof in Glindow mit seiner Schnapsbrennerei schon tut. Sie sollten ihren Lagen eigene Namen geben, um sie besser vermarkten zu können. Zum Thema „Wassermanagement“ wird eine Zukunftskonferenz vorgeschlagen.

In den nächsten Wochen soll die Studie den letzten Schliff bekommen. Sie wird beim Obstbaustammtisch des Fördervereins „Mittlere Havel“ am 1. März in Werder vorgestellt, Ort und Zeit werden noch bekanntgegeben.

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