Potsdam-Mittelmark: O2 hält sich nicht an Kündigungsfristen
Ein großer Teil der ehemaligen Teltower Callcenter-Angestellten bekam kein August-Gehalt
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Teltow - Allem Anschein nach verletzt O2 die Kündigungsfristen für 170 seiner ehemaligen Teltower Mitarbeiter: „Ein Großteil der im Sommer gekündigten Angestellten hat zum 1. September kein Gehalt mehr bekommen“, heißt es in einem offenen Brief des O2-Betriebsrates. Nach der im Tarifvertrag festgesetzten Kündigungsfrist von sechs Monaten müsste O2 die Gehälter der zwischen Juni und August entlassenen Angestellten noch mindestens bis Jahresende weiter zahlen. Viele Betroffene sind mittlerweile vor das Arbeitsgericht in Potsdam gezogen, 135 Klagen ehemaliger O2-Mitarbeiter werden derzeit dort verhandelt.
Der Hintergrund: Im Februar hatte O2 sein Teltower Callcenter an die Bertelsmann-Tochter Arvato verkauft. Anders als in vergleichbaren Fällen in Duisburg und Saarbrücken hatte sich in Teltow ein Großteil der Belegschaft der Übernahme widersetzt. Arvato hatte angekündigt, die O2-Gehälter zwar bis Ende dieses Jahres weiter zu bezahlen, für 2012 aber Lohnkürzungen angekündigt. „Konkret hieß es, niemand müsse fürchten, weniger als 50 Prozent seines bisherigen Gehalts zu verdienen“, sagte Mirko Fandré, einer der Betroffenen, gegenüber den PNN. Dem jungen Familienvater wären somit nur noch 1 400 Euro brutto, statt wie bisher 2 500 Euro brutto geblieben. Zu wenig, fanden er wie auch viele seiner Kollegen. O2 stelle die Verweigerer noch im Februar vom Dienst frei, zwischen Juni und August wurden die Kündigungen verschickt. Alternativ wurde 115 der insgesamt 170 Mitarbeiter der Wechsel in das O2-Callcenter in Hamburg angeboten.
Darüber nachgedacht hätten viele, heißt es in dem offenen Brief . Doch angesichts der von O2 geforderten Fristen sei ein Umzug für viele nicht tragbar gewesen: Entweder zum 1. oder zum 24. August sollte die Arbeit in Hamburg aufgenommen werden, andernfalls werde kein Augustgehalt mehr bezahlt, drohte O2 schon damals an. „So schnell lassen sich weder Wohnungen fristgerecht kündigen noch ein Schulwechsel für unsere Kinder einfädeln“, kritisiert der Betriebsrat. Weil im Callcenter auch an den Wochenenden gearbeitet werde, sei auch Pendeln für viele Familien keine Option gewesen.
Am vergangenen Freitag habe ein erster Kammertermin zu den Kündigungsschutzklagen stattgefunden, so der Betriebsrat. Die von O2 geforderte Versetzung nach Hamburg sei in diesem Fall für nicht rechtskräftig erklärt worden. Dabei habe es sich allerdings um einen Sonderfall gehandelt, weil die Kündigung während der Elternzeit ausgesprochen wurde. Der Kläger soll demnach eine neue Kündigung bekommen und mit der neuer Kündigungsfrist auch das Augustgehalt nachgezahlt werden. Weitere Entscheidungen fallen diesen Herbst.
Laut Aussagen des Betriebsrates hatte auch O2 selbst, zumindest im Vorfeld, Bedenken gegenüber Arvato geäußert: Im Sommer 2010 habe das Management bei einer der ersten Betriebsversammlung en erklärt, es solle keine Wald- und Wiesenfirma eingesetzt werden, also weder Arvato noch SNT. Diese Aussage ärgert Mirko Fandré bis heute. „In Wahrheit stand schon damals fest, dass Arvato den Zuschlag bekommt.“ O2-Pressesprecher Albert Fetsch sah sich am Montag nicht zu einer Stellungnahme in der Lage, will sich aber in den kommenden Tagen zum Thema äußern. Ariane Lemme
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