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Segensreiches Sibirien. Haus in der Großkommune von Wissarion.

© privat

KulTOUR: Ökopolis Tiberkul

Pleinair in Sibirien mit Werderaner Beteiligung und Wiederkunft in der Taiga

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Werder (Havel) - Sibirien ist groß, Sibirien ist schön. Seltsam ist Sibirien, verborgen und offen, aber immer eine Reise wert. In Werder weiß man das derzeit vielleicht am besten, kein Wunder, denn im letzten Jahr veranstalteten Künstler der Region um Irina Fedorova und Frank Weber ein Pleinair ans Ufer des Jenissej, nach Krasnojarsk und Umgebung, was schon mal 500 Kilometerchen sein können, oder mehr. Sehr eindrucksvoll soll das gewesen sein. Eine Fortsetzung im Juni folgte stante pede, allerdings in anderer Besetzung. Diesmal waren nur Irina Fedorova und ihr Gatte Martin Prill aus Werder dabei, die übrigen Pleinairisten kamen aus Kamsk und Krasnojarsk dazu, um vom 9. bis zum 20. Juni die unendlichen Weiten Sibiriens mit dem Pinsel und auch sonst zu erkunden.

Am Sonnabend lud Irina Fedorova zum öffentlichen Abschlussbericht in ihr Atelier auf Werders Insel, hintersinnig „Irinas Botschaft“ genannt. Obwohl es herrlich erfrischenden Kwass gab, hielt sich der Besuch sehr in Grenzen. Schade, denn man hörte die dollsten Sachen. So zum Beispiel vom regionalen Kulturministerium, welches die Gruppe großzügig unterstützte, durch die unentgeltliche Bereitstellung eines Busses, der Organisierung von Unterkünften, oder mit Freikarten für einen dreistündigen Theaterabend.

„Bei Kultur und Kindern ist man in Russland noch immer sehr, sehr spendabel“, so Irina Fedorova. Vom Ministerium kam auch die Empfehlung, sich doch mal Petropawlovka und andere Siedlungen an den Nebenflüssen des Jenissej anzuschauen. Schließlich begegnet man nicht aller Tage den fleißigen Jüngern des eben zurückgekehrten Nazareners Jesus, der sich diesmal Wissarion, sonst Sergei Torop nennt.

Seit den 90er-Jahren hat dieser Mann eine Großkommune von 40 Dörfern für zigtausende Aussteiger (viele aus Deutschland) geschaffen, die allesamt nach seinem Evangelium, der „Kirche des letzten Testaments“, leben. Wahrlich utopische Häuser gibt es in diesem „Ökopolis Tiberkul“ mit partieller Selbstversorgung, Rauschmittel und Fluchen sind verboten, Solarzellen und die Vielehe nicht. Wissarion, ein wirklich begnadeter Maler, hat aber nur zwei Frauen und viele Kinder. Tja, mit seinem Spruch „Die Jünger werden für sich nie bessere Bedingungen schaffen, wenn sie nicht in der Lage sind, ihrem Hirten das beste Leben zu verschaffen“, lässt es sich auch in den Weiten Sibiriens gut leben. Die Altgläubigen freilich sind vor ihnen geflohen.

Bei einem so spannenden Wiederkunfts-Nachmittag in dickster Sommerhitze hätte man fast die hier ausgestellte Pleinair-Malerei dieser Reise vergessen. Neben anderen Teilnehmern ist die Hausherrin mit mehreren Bildern vertreten, Flusslandschaften mit Malern am Werk, Ufer und Wälder. Unendliches Sibirien eben. Erstaunlicherweise hat man sich auf die Ölmalerei festgelegt, was fürs schnelle Pleinair eher ungewöhnlich ist.

In nur 90 Minuten ein Bild zu beenden, ist hohe Schule. Dem einen oder anderen sieht man solche Eile an. Der Besucher erlebt also eine Verkaufsausstellung zu moderaten Preisen, der Hausherrin Pleinair-Bericht, dazu die Dokumentation ihres Mannes, des Reisefotografen. Kwass gibt es bestimmt auch, den kühlenden.

Schade nur, dass es so wenig Gemaltes aus Wissarions Utopia zu sehen gibt, das Sonnentor oder die Himmelskirche etwa. Egal, das nächste Pleinair ist in Planung, zum Altai soll es gehen. Vielleicht hat einer der Hiesigen Lust, mitzufahren? „Irinas Botschaft“ ist die Ansprechstation. Gerold Paul

Künstlertreffpunkt „Irinas Botschaft“, Lindenstraße 5, Tel.: 0174/996 97 88

Gerold Paul

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