Potsdam-Mittelmark: Oldtimer und Ziegenkäse
In Teltow hat sich ein Autohaus auf alte Wagen spezialisiert / Inhaber Rüdiger von Hören findet: Sie sind eine gute Geldanlage
Stand:
Teltow - Vorsichtig streift Rüdiger von Hören mit seinen Fingern über das rotlackierte Metall. „Was der für einen Hintern hat“, sagt der Autohauschef leise, während er auf die Heckflossen des Mercedes SL 190 blickt. Mit einem kräftigen Ruck öffnet er die Tür des über 50 Jahre alten Wagens. Ein Reise in längst vergangene Zeiten: Grace Kelly, Frank Sinatra, Cary Grant, Alfred Hitchcock oder auch die Frankfurter Prostituierte Rosemarie Nitribitt fuhren einst in solchen Autos – auf dem Teltower Biomalz-Gelände wartet der 190er und andere Oldtimer nun auf ihre neuen Besitzer.
Vor knapp sechs Wochen hat das „Classic & Friends“-Autohaus an der Iserstraße seinen Betrieb probehalber aufgenommen. Am Tag des Denkmals, dem 12. September, sollen die letzten Handwerker den verklinkerten Neubau verlassen haben. Dann soll das Experiment offiziell starten: Autohauschef von Hören will hier alte Wagen mit französisch-deutscher Küche paaren. In einem Restaurant zwischen Oldtimer-Werkstatt und Ausstellungsraum sollen sich Besucher vom Geist der alten Zeit anstecken lassen, getreu dem Motto: Zur Vorspeise karamellisierter Ziegenkäse und für den Nachhauseweg einen edlen Mercedes.
„Die Menschen investieren wieder in Sachwerte“, sagt von Hören bei einem Rundgang durch die Werkstatt. In Zeiten der Wirtschaftskrise, fallender Aktienkurse und drohender Inflation hätte sich das Oldtimer-Geschäft als stabil erwiesen, erklärt er und zeigt auf einen zerlegten schwarzen Mercedes 300. Ein solches Modell nutzte Bundeskanzler Konrad Adenauer als Dienstfahrzeug. „50 000 Euro in einen Oldtimer investiert, und man hat eine sichere Geldanlage“, sagt von Hören. Die meisten Wagen stiegen stetig im Wert – und selbst wenn nicht: Der Fahrspaß allein sei auch eine Art Verzinsung.
Vor fast acht Jahren hatte der 45-jährige Berliner seinen Job in der Immobilienbranche aufgegeben. Jahrelang hatte der Kaufmann viel Geld mit der Erschließung von Gewerbegebieten verdient. Dann stockte das Geschäft. „Ich wollte etwas anderes“, sagt von Hören. Seine Frau riet ihm, mit seinem Hobby Geld zu verdienen – knapp 20 Oldtimer hatte der vierfache Familienvater zu diesem Zeitpunkt in seiner Garage zu stehen.
Von Hören folgte dem Rat. Statt mit Ackerflächen und Gewerbearealen handelte er nun mit alten Autos. In Ruhlsdorf eröffnete er vor vier Jahren seinen ersten Verkaufsraum. Als er die ersten reparaturbedürftigen Wagen aufnahm, engagierte er einen Werkstattmeister. Im November vergangenen Jahres begannen dann die Bauarbeiten an der Iserstraße.
Mittlerweile suchen Oldtimer-Freunde aus der ganzen Welt den Teltower Betrieb auf. Entweder, um ihre Liebhaberstücke zum Tüv zu bringen, oder um zu kaufen. Ab 10 000 Euro kann man hier zum Oldtimer-Besitzer werden – nach oben sind die Summen offen. Sogar nach Griechenland und Neuseeland verkaufte von Hören bereits.
„Es ist nicht nur das Auto, sondern die Geschichten, der Zeitgeist, der dahinter steckt“, erzählt von Hören von der Oldtimer-Leidenschaft. Jedes Fahrzeug habe seinen besonderen Reiz. So stehe ein über 50 Jahre alter Ford Thunderbird für Rock’n’ Roll, ein englischer Stag für Schirm, Charme und Melone und ein Adenauer-Mercedes für den Familienausflug in den 50er Jahren. Bei einigen Menschen seien es Autos, sagt von Hören, die Erinnerungen an längst vergessene Zeiten wieder belebten. Tobias Reichelt
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: