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KulTOUR: Ominöse Botschaft

Ein Michael-Jackson-Thriller im Comédie Soleil

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Werder (Havel) - Der griechische Denker Heraklit wusste bereits 500 v. Chr. von der Lügenhaftigkeit der Welt. Nichts ist seither besser geworden. Wie war das doch gleich mit dem Tod von Michael Jackson vor zwei Jahren? Herztod durch Fahrlässigkeit des Arztes und durch das Mittel Propofol? Schauspieler, Regisseur und Autor Michael Klemm glaubt das so wenig, wie er auch dem mehr oder weniger ehrenhaften „Gang der Geschichte“ misstraut. Davon erzählt sowohl sein Roman „Schatten der Seele“ als auch das Stück „Die Prophezeiung“, erster Teil einer Trilogie über das Thema Verschwörungstheorien. Mit dem Thriller „Pans letztes Lied“ legte die Comédie Soleil auf der Werderaner Bühne jetzt den zweiten vor. Der Untertitel „Wer tötete Michael Jackson?“ macht ja schon klar, dass der Autor an ein ordinäres Herzversagen nicht glauben mag, vielmehr hält er den Tod des Pop-Stars für eine erfolgreiche Intrige der „höchsten Kreise“.

Dies in Gang zu setzen, lässt er einem aufstrebenden Anwaltsbüro in New York die ominöse Botschaft eines Mannes zukommen, der behauptet, alles aus nächster Nähe miterlebt zu haben. Er bittet Jennifer (Nadja Winter), Philip (Oliver Bender) und Warren alias David Segen, den Fall zu übernehmen. Als dieser nicht gerade engelsgleiche Bob (Michael Klemm) immer mehr Details preisgibt, wird die Sache heiß.

Ort des Geschehens ist ein schlichtes Anwaltsbüro (Bühne: Jens Uwe Behrendt) mit Blick auf die Großstadt. Na ja, Geschehen ist eigentlich zu viel gesagt, denn außer der gelegentlichen Prüfung, ob man nun weitermachen wolle oder nicht, hat das Trio keine szenischen Aufgaben zu lösen. Leider. Nicht mal die ungeheuren Pläne eines riesigen Plattenkonzerns in Liaison mit einem ziemlich bekannten Geheimdienst können sie das Gruseln zu lehren. Wäre die Regie nicht besser beraten gewesen, einen von ihnen zum eifernden Jackson-Fan und damit zum Protagonisten der Handlung zu machen? Das würde die Motivation um knapp tausend Prozent steigern.

Auch die Musikdramaturgie ist verbesserungswürdig: Statt vor jeder Szene einen neuen Titel anzuspielen, sollte man einen mal durchlaufen lassen. Zum Verpusten. Klemm trägt ja ziemlich glaubhafte Gründe für den „minutiös geplanten Mord“ zusammen: Wie allen, die in den USA zu Reichtum kommen, eine Verbindung zu irgendwelchen Geheimgesellschaften nachgesagt wird, so auch Michael Jackson. Doch irgendwann wollte er aussteigen. In Befürchtung, er könne sein geheimes Wissen von der Bühne herab aller Welt mitteilen, und weil man mit einem toten Star ohnehin die besten Geschäfte macht, engagierten die Verschwörer jenen willfährigen Arzt. Das Stück nennt Namen, Zusammenhänge, Hintergründe. Auch Songtexte wie „Man in the Mirror“ oder „Beat It!“ werden zu Kronzeugen gemacht, doch das Letzte bleibt auch hier im Sack.

Alles Spinnerei, Hypochondrie? Die aufklärerische Ambition des Stückes ist zwar glaubhafter als ihre szenische Umsetzung, doch hier geht es um das Prinzip „Augen auf!“ und um den Mut zum Widerstand. Wie sagte doch Heraklit: „Durch ihre Unglaubhaftigkeit entzieht sich die Wahrheit dem Erkanntwerden!“

Gerold Paul

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