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KulTOUR: „Ordnung lehret Zeit gewinnen“

Der Wildenbrucher Bürgerverein stellte chronistische Jubiläums-Schau vor

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Michendorf · Wildenbruch - Kleiner Bahnhof zum großen Anlass am Sonnabend in Wildenbruch: Der örtliche Bürgerverein feierte mit einer originellen Ausstellung, na wo? im Bürgerhaus sein zehnjähriges Bestehen. Christa Weber als Vorsitzende war über die nicht besonders große Resonanz der 1700-Einwohner-Gemeinde ein wenig enttäuscht, aber das Maiwetter hielt sich ja prächtig, Flieder und Kastanien blühten, im Gasthof „Zur Linde“ nebenan war ganz schön Betrieb.

Nichts für ungut, man muss eben Geduld haben. Mit Akkordeon und Geige stimmten Silke Freitag-Elsayed und Lydia Jurke in diesen ganz besonderen Nachmittag ein, denn im Obergeschoss konnte man nicht nur die gerade eingerichtete Bücherstube als dickes Plus des 27-köpfigen Vereins vorweisen, sondern eine exquisite Doppel-Ausstellung, welche den Grundstock für ein künftiges Heimatmuseum abgeben könnte.

Seine Mitglieder hatten jede Menge Gebrauchsgegenstände früherer Zeiten aus Keller und Dachboden zusammengetragen, um so über mehr als einhundert Jahre zu dokumentieren, wie ihre Vorfahren lebten und arbeiteten. Teils als Spenden, teils als Schenkung von den Einwohnern bereitgestellt, kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus: Eine Fototafel zeigt, wie man im vergangenen Jahr nach Großmutter-Art im Freien Pflaumenmus bereitete. Neben dem Kinderwagen um 1910 steht ein „Stubenwagen“ mit Puppe, wie ihn die kleinen Mädchen zum Spielen benutzten, bevor sie das Computerzeitalter solitüde machte.

Anglergerät mit dem „Preußischen Fischereirecht“ von 1916, Spinnrad nebst mobilem Spinnstock, altes Küchen- und Stallgerät, ein mit zahllosen Kissen geziertes Holzbett von dunnemals, davor unförmige Lederlatschen Marke Eigenbau aus der Nachkriegszeit. Schmuckteller zur Silbernen, Bügeleisen, Kaffeemühlen, eine Blackbox, selbst Omas mechanisches Hörrohr fehlte nicht.

Alle Vereinsmitglieder, etwa die Damen Hartmann und Weigt, können zu den Fund- und Sammelstücken viele Geschichten erzählen: Vom schönen Braunen der Großmutter, welches Frau Hartmann noch heute gefällt, von der Rekonstruktion eines Wöchnerinnen-Kleides nach der alleinigen Beschreibung des Pfarrers Klünder – ein Unikat erster Güte, vom langewährenden Waschen und Bügeln der zeugenen Exponate.

Ganz hervorragend passen die Leihgaben aus dem Hause Matthias Jurke zu diesen Kostbarkeiten. Ihr Verein „atelier of art“ sammelt seit Jahren Textiles für humanitäre Zwecke in Osteuropa. Vieles blieb im Land, und so kann man eine ungewöhnliche Sammlung von Tisch- und Schmuckdecken, Wandbehängen, Kissenbezügen, Taschentüchern im ausgebauten Dachboden des Bürgerhauses betrachten.

Manches ist gehäkelt, anderes in Lochstickerei gefertigt, geklöppelt, gestickt und oft mit Sinnsprüchen wie „Ordnung lehret Zeit gewinnen“ versehen. „Hast du im Tal ein sicheres Haus, so wolle nicht zu hoch hinaus“, stammt allerdings von der längst verstorbenen Deutschrumänin Agnetha Binder. Jurke erzählte vom anhaltenden Exodus der Deutschen dort, und weil die nachrückenden Rumänen deren Kulturzeugnisse nicht wollen, sammelt man alles, bis er wieder vorbeikommt. Hut ab also vor so viel Engagement im Ehrenamt!

Neben den vereinseigenen „Grünen Blättern“ zur Erforschung der Ortsgeschichte ist dieser stoffliche Teil des alten Wildenbruch von größtem Wert. „Wir fangen erst an!“, versicherte Christa Weber. Hoffentlich findet sich bald auch ein Orts-Schreiber, um die 1945 abgebrochene Dorf-Chronik fortzusetzen. Notwendig wär''s, denn inzwischen gibt es fünf Ortsteile nebst Golfplatz, und man hörte, dass sich gerade die „Zugezogenen“ besonders eifrig im Vereine engagierten ...

geöffnet mittwochs von 15 bis 18 Uhr

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