
© Manfred Thomas
ZUR PERSON: „Pfiffige und flexible Lösungen sind gefragt“
Bürgermeisterkandidat Rainer vom Lehn will Nuthetal als einen Ort für alle Generationen entwickeln
Stand:
Sie kandidieren als unabhängiger Bewerber zur Bürgermeisterwahl in Nuthetal mit Unterstützung der Grünen und der CDU. Wie passen die beiden Parteien zusammen, und wie funktioniert das in Nuthetal?
CDU und Grüne bilden in der Gemeindevertretung seit der jüngsten Wahl eine gemeinsame Fraktion, die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Die CDU in Nuthetal ist grüner geworden und die Politik der Grünen realistischer. Ich selbst bin parteilos und keiner Partei zur Rechenschaft verpflichtet – das ist mir wichtig. Bei der Bürgermeisterwahl geht es um die Person und nicht um die Ideologie einer Partei.
Wie sind Sie zur Kommunalpolitik gekommen?
Das war im Jahr 1998 anlässlich einer Bürgerversammlung zum Thema Straßenplanung in Bergholz-Rehbrücke. Kurze Zeit später begann mein Engagement in der Bewegung der Lokalen Agenda 21, deren Sprecher ich bin. Schnell wuchs das Interesse, unsere Positionen auch in der Gemeindevertretung einzubringen. 2003 wurde ich dann als Gemeindevertreter gewählt.
In der Gemeindevertretung sind sie Vorsitzender des Ortsentwicklungsausschussses und damit unmittelbar an strategischen Weichenstellungen beteiligt. Bauamtsleiter Torsten Zado hat sich als Mitbewerber bei der Bürgermeisterwahl für eine behutsame Entwicklung des Ortes und gegen die großflächige Ausweisung neuer Baugebiete ausgesprochen. Gibt es da einen Konsens?
In diesem Punkt liegen unsere Positionen nicht weit auseinander. Oberste Prämisse ist für mich, dass das Ortsbild der Gemeinde, die Natur und das soziale Gefüge erhalten bleiben. Vor allem im Rehgrabengebiet in Rehbrücke und an der Saarmunder Weinbergstraße gibt es bereits ausgewiesene Baugebiete, die noch nicht ausgelastet sind. Die Formel „Viele Flächen gleich viel Fortschritt“ stammt aus den 70er Jahren und gilt heute als überholt. Gefragt sind vielmehr pfiffige und flexible Lösungen für die Ortsentwicklung. So sollten Bebauungspläne nur minimale Festlegungen enthalten, damit die Bürger die Chance haben, ihren eigenen Wohnraum jeweils altersgerecht umzugestalten, um ein Leben lang im Ort bleiben zu können. So kann sich Nuthetal als ein Ort für alle Generationen entwickeln.
Ist das unter dem Begriff der Nachhaltigkeit zu fassen, mit dem sie auch auf Ihren Wahlplakaten werben?
Nachhaltig heißt zukunftsorientiert. Wenn ich heute Flächen als Bauland ausweise, muss ich mich auch fragen, was in 30 Jahren damit sein wird. Bei allen Planungen müssen ökonomische, soziale und ökologische Aspekte sorgsam abgewogen werden. Das gilt für alle Bereiche des gemeindlichen Lebens. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels halte ich es für wichtig, dass neben den hohen Ausgaben für den Bereich Jugend entsprechende Mittel für die ältere Generation unter anderem für das Mehrgenerationenhaus und die „Akademie 2. Lebenshälfte“ zur Verfügung gestellt werden.
Sie sind Vater dreier Kinder. Wie beurteilen Sie die Angebote für Jugendliche in der Gemeinde?
Das ist differenziert zu betrachten. So gibt es beim Verein „Die Brücke“ oder im Mehrgenerationenhaus bereits interessante Angebote. Andererseits fehlt zum Beispiel noch ein Bolzplatz. Auch die Sportvereine könnten noch mehr anbieten, doch dafür fehlen ihnen die Räumlichkeiten. Deshalb wird in der Gemeinde auf Vorschlag der Fraktion Grüne/CDU jetzt ein Sportstättenkonzept erarbeitet.
In Ihrem Wahlprogramm haben Sie sich für den Aufbau einer Gewerbeförderung in der Gemeinde ausgesprochen. Wie soll das konkret aussehen?
Einen eigenen Wirtschaftsförderer wird die Gemeinde nicht bezahlen können. Die Aufgabe muss jedoch unter dem Dach der Gemeindeverwaltung angesiedelt und zur Chefsache erklärt werden. Ziel muss es sein, endlich einen Dialog zwischen Verwaltung und örtlichem Gewerbe zu entwickeln. Dabei könnte die Verwaltung zum Beispiel über neue Förderrichtlinien informieren und Sorgen der Gewerbetreibenden aufnehmen.
Insgesamt, so haben Sie eingeschätzt, läuft in der Gemeindeverwaltung vieles in eingefahrenen Gleisen.
Mit dem Blick von außen habe ich den Eindruck, dass die Mitarbeiter neu motiviert werden müssen. Zu stärken sind solche Schlüsselfähigkeiten wie Kommunikation, Kooperation, Einfühlungsvermögen und Integrationsfähigkeit. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass Bürger zwölf Wochen auf einen Bescheid aus der Verwaltung warten, der dann auch noch in einem unfreundlichen Ton verfasst ist. Hier gilt es unter Federführung des Bürgermeisters ein anderes Management zu entwickeln. Wichtig ist auch eine stärkere Außenpräsenz der Gemeinde. So ist Nuthetal Mitglied im Abstimmungsgremium für den Naturpark Nuthe-Nieplitz, hat aber an den Sitzungen bisher nicht teilgenommen. Das ist nur ein Beispiel.
Das Interview führte Hagen Ludwig
An dieser Stelle werden bis zum Wahltermin am 29. August alle vier Nuthetaler Bürgermeisterkandidaten befragt.
Rainer vom Lehn, Jahrgang 1962, lebt seit 1995 in Bergholz-Rehbrücke. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. An der TU Berlin studierte er Landschaftsplanung und schloss dort 1997 als Diplom-Ingenieur ab. Seit 2003 ist er Gemeindevertreter in Nuthetal und seit 2008 Vorsitzender des Ortsentwicklungsausschussses. Im August 2007 gründete er seine eigene Firma Landschaftsplanungskontor Bergholz.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: