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Potsdam-Mittelmark: Pflaumenmus und Anna Riese Fercher sammeln reihenweise Historie

Schwielowsee · Ferch - Es gibt Neuigkeiten zur Fercher Historizität. Nach dem Erscheinen des Bandes „Ferch einst und jetzt“ hat der Arbeitskreis Heimatgeschichte um Helga Schmiedel jetzt das erste Heft einer Reihe vorgelegt, worin sich die Erinnerungen von Ur-Einwohnern und Zugezogenen, denn das wird auch am Ende des Schwielowsees fein säuberlich unterschieden, zu einem Mosaik aus Lebens- und Dorfgeschichte mischen.

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Schwielowsee · Ferch - Es gibt Neuigkeiten zur Fercher Historizität. Nach dem Erscheinen des Bandes „Ferch einst und jetzt“ hat der Arbeitskreis Heimatgeschichte um Helga Schmiedel jetzt das erste Heft einer Reihe vorgelegt, worin sich die Erinnerungen von Ur-Einwohnern und Zugezogenen, denn das wird auch am Ende des Schwielowsees fein säuberlich unterschieden, zu einem Mosaik aus Lebens- und Dorfgeschichte mischen. Am Freitag wurde im örtlichen Hort das Opus 1 der neuen Lesereihe „Wahre Geschichten“ vorgestellt. Sie ruhe „auf vier Säulen“, versicherte die Chronistin, und meinte neben ihrem Arbeitskreis auch Volkssolidarität, Jugendklub und Hort. Da neben dem Orts- und der Gemeinde-Bürgermeisterin auch viele Autoren der Broschüre anwesend waren, wurde es im Essraum dieser „Kinderstube“ zwar gehörig eng, doch dafür urjemütlich. Vater und Sohn Mühle von der Beelitzer Musikschule spielten „Tiritomba“, den „Schneewalzer“ und andere Artigkeiten auf dem Akkordeon, emsige Frauenhände hatten lecker anzusehende Kuchen und Kaffee spendiert. Man kannte sich, klar, und als man einige der Schnurren und bedenkenswerten Storys vorlas, weckte auch das Eingedenken auf: Du warst damals in der vierten Klasse bei mir, oder: Ja, die kleine Anna Riese, die kenne ich auch noch, hatte die nicht Wes Namen man nennt, der lebt! Das schmale Heft, in „Historisches“ (bis 1945) „Gegenwärtiges“ und „Kindermund“ eingeteilt, leistet nicht wenig, es hütet die Erinnerung an verflossene Namen, Plätze, Bauten und Geschehnisse, an den jetzt versiegten Quell am Springberg, wie man einst Wäsche wusch, holländerte und – sein Pflaumenmus bereitete, fast jeder Fercher hat(te) ja seinen Obstgarten hinterm Haus. In der weißgekalkten Waschküche bei Holzfeuer nämlich, wie Edmund Stutterich in einem seiner Beiträge schilderte. Damit das sämige Zeug beim Eindicken nicht die Wände befleckt, schütze man diese mit Zeitungspapier, von Reißzwecken festgehalten. Stürzte nur eine ins Mus, muss man bis zum nächsten Frühjahr sehr vorsichtig kauen. Andere erzählen von Berliner Sommerfrischlern im Ort seit 1905, wie es einst um den Wiesensteg bestellt war und was man von dem ominösen „Bunker“ wusste. Immer wieder taucht „unser Fercher Kunstmaler Hans-Otto Gehrcke“ auf. Auch tragische Geschichten sind dabei. Die vom Tod eines verschütteten Jungen aus Aschersleben in der Kiesgrube, von einem jungen russischen Soldaten, der auf Kinder schoss, weil sie den Hund seines Offiziers ärgerten. Es gab dazu 1946 auch einen Prozess in der Bornstedter Kommandantur, nur wussten die deutschen Ankläger nicht, dass dem armen Kerl die Todesstrafe drohte. Zeitgeschichte im Kleinen, illustriert von hübschen Arbeiten der Malschule Oda Schielicke. Man staunt, was 60 Jahre alles verändert haben, Post- und Arbeitswege, Volksbräuche, Waschvorgänge, sogar den alten Huteichen-Wald, von dem schon Gustav Büchsenschütz selig schwärmte. Allerdings dürfen die Folgebände nicht „verniedlichen“, man wird dann auch nicht vergessen, dem Inhaltsverzeichnis ein Seitenregister zu geben. Gerold Paul „Wahre Geschichten“, Hrsg. Kulturforum Schwielowsee, Illustriert von der Malschule Oda Schielicke, 55 Seiten, 3 Euro.

Gerold Paul

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