
© Johannes Eiselee
Potsdam-Mittelmark: Pfötchenhotel droht das Aus
Geschäftsführer Wolfgang Goergens hat Insolvenz angemeldet. Für die Fundtierbetreuung von Potsdam, Werder, Beelitz und Nuthetal könnte das bald schon zum Problem werden
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Beelitz - Von der Aufregung kriegen die Vierbeiner, die es sich derzeit im Pfötchenhotel im Wellnessbecken oder bei Hundesmassagen gutgehen lassen, nichts mit. Der Tierpension in Beelitz-Schönefeld droht nach fast elf Jahren womöglich das Aus. Ende Juni hat Geschäftsführer Wolfgang Goergens Insolvenz angemeldet. „Was die genaue Ursache dafür ist, versuchen wir derzeit herauszufinden“, so die Berliner Insolvenzverwalterin Vera Mai.
Das Saisongeschäft soll in der letzten Zeit nicht mehr so gut gelaufen sein. „In der Urlaubszeit, dem Hauptbetrieb im Pfötchenhotel, muss die Firma ein ausreichendes Polster anlegen, um über das Jahr zu kommen“, so Mai. Damit müsse das 85 Hektar große Areal bewirtschaftet und die 30 bis 40 Mitarbeiter bezahlt werden. „Die Tierpfleger können nicht nur saisonbedingt eingestellt werden wie in der Gastronomie.“
Das Finanzpolster sei mit der Zeit immer weiter geschmolzen. Laut Vera Mai habe der Geschäftsführer bereits mit seinem Privatvermögen ausgeholfen. Tatsächlich sehen die Zahlen in den Geschäftsberichten der vergangenen Jahre nicht gut aus. Der Verlust am Ende des Jahres wuchs an: Laut Geschäftsbericht von 2012 lag er bei fast 300 000 Euro. Zwei Jahre zuvor war das Minus nur halb so groß. Am Mittwoch war der Chef des Tierhotels nicht erreichbar.
Wie es weitergeht, ist offen. Am 1. September wird das Insolvenzverfahren eröffnet. „In den nächsten sieben Wochen entscheidet sich, wie lange und unter welchen Bedingungen weitergemacht wird oder ob im September Schluss ist“, so die Insolvenzverwalterin. Derzeit versuche sie, das denkmalgeschützte Ensemble zu retten. Die Anlage sei in einem sehr guten Zustand. „Und wer hat in der Region schon ein Wellnessbecken für Hunde?“
Um die Insolvenz abzuwenden, sei man auf der Suche nach Investoren, so Mai. Vorstellbar sei demnach, dass sich auf dem weitläufigen Areal der früheren Funkempfangsstation der Post andere Firmen ansiedeln könnten. „Die Tierbranche ist recht vielfältig von ihren Angeboten, wir sind derzeit mit ersten Interessenten im Gespräch.“ So könnte der Aufwand für Hotelbesitzer Goergens reduziert werden.
Er betreibt auch in Jade bei Hamburg und in seiner Heimatstadt Hilden bei Düsseldorf noble Tierpensionen. Jedoch soll laut Insolvenzverwalterin nur der Beelitzer Standort angeschlagen sein. „Die anderen Betriebe sind gesund.“ Mai vermutet, dass in Potsdam und Berlin nicht so viele Kunden bereit seien, für ihre Vierbeiner so viel Geld auszugeben. „In Düsseldorf sieht das sicherlich anders aus.“
Potsdam, Werder (Havel), Beelitz und Nuthetal haben mit dem Pfötchenhotel einen Vertrag zur Fundtierbetreuung abgeschlossen. Die meisten Kommunen hatten sich, als der Potsdamer Tierschutzverein sein Tierheim 2007 schließen musste, nach neuen Partnern umgesehen. Fündig wurden sie in Beelitz. Die Nachricht sorgt dort nun für Aufregung.
„Das Pfötchenhotel hat eine Vermittlungsquote von über 98 Prozent“, sagt Potsdams Stadtsprecher Jan Brunzlow. Es sei für Kommunen sehr erfreulich, wenn die herrenlosen Tiere, für die sie zuständig sind, wieder dauerhaft eine Bleibe finden würden. Über 1400 Katzen, Hunde oder ausgesetzte Meerschweinchen wurden nach Beelitz in Obhut gebracht. „Dafür zahlen wir rund 115 000 Euro pro Jahr“, so Brunzlow.
Seit zwei Jahren bestehe der Vertrag zwischen der Stadt und dem Unternehmen aus Beelitz, eigentlich sollte er bis Ende 2014 laufen. „Wir haben die Option, ein Jahr zu verlängern. Das hatten wir eigentlich vor“, so der Stadtsprecher. Man werde jetzt zusammen mit der Insolvenzverwalterin die Möglichkeiten prüfen. Einen Plan B habe die Stadt noch nicht. „Sollte es nicht weitergehen, müssen wir neu ausschreiben“, so Brunzlow. Zwischenzeitlich müsste auf andere Tierheime in Berlin, Verlorenwasser oder Kremmen ausgewichen werden.
Auch Beelitz und Nuthetal wissen noch nicht, wie es ohne das Pfötchenhotel weitergehen soll: „So eine Einrichtung ist dringend notwendig in unserer Region“, sagte Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke). Auch ihre Verwaltung werde jetzt prüfen, wo die Tiere alternativ untergebracht werden könnten. „Wir gehen aber erst mal von einer Weiterführung aus.“ Bereits seit 2007 kommen herrenlose Vierbeiner aus Nuthetal in Beelitz unter. Die Kommune zahlt dafür pauschal 8600 Euro im Jahr. Dafür würden die Tiere sogar von Beelitzer Mitarbeitern abgeholt werden. Auch gefährliche Hunde würden dort aufgenommen. „Das ist nicht überall möglich“, so Hustig.
In Beelitz hofft man ebenfalls auf ein gutes Ende des Insolvenzverfahrens. „Man hatte immer den Eindruck, dass es sich um ein florierendes Unternehmen handelt“, so Bürgermeister Bernhardt Knuth (BBB). Die Stadt habe bisher nur positive Erfahrungen mit dem Unternehmen gemacht. Beelitz bringt im Durchschnitt rund einen Hund und eine Katze pro Monat ins Pfötchenhotel, die Kosten liegen im Jahr bei rund 2000 Euro.
Dass im Zuge der Firmensanierung auch die Kosten der Fundtierbetreuung steigen könnten, schloss Insolvenzverwalterin Mai nicht aus.
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