Potsdam-Mittelmark: Plädoyer für die Kulturlandschaft
Mit dem Politiker, Historiker und Gärtner Baldur Martin unterwegs in der Region Werder
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Werder - Wie steht es um die Werderaner Kulturlandschaft Havelobst? Diese Frage lockte etwa 100 Gäste zu den jüngsten „Werderaner Gesprächen“ des Heimatvereins. Dessen Vorsitzender Baldur Martin begrüßte sich diesmal selbst als Referent. Als promovierter Gärtner, Heimathistoriker, Stadt- und Kreistagsabgeordneter legte er seine persönliche Sicht der Dinge dar. Dazu nahm er seine Gäste per Dia-Projektor mit auf eine Rundfahrt rund um den Großen Zernsee über die Eisenbahnbrücke nach Geltow, dann weiter bis Petzow und schließlich über die Werderaner Höhen.
Über viele Jahrhunderte haben die Menschen die Landschaft rund um Werder bewusst gestaltet oder auch unberührt gelassen: Mit Erfolg, wie Martin betonte und an konkreten Beispielen erläuterte. Da war der Blick über den Großen Zernsee, dessen unverbaute Uferstreifen unbedingt erhalten werden sollten. Die künstliche Hafenbucht in den Havelauen gebe dazu Hoffnung. Wassertourismus sei wichtig, doch im Bereich der „Vulkanfiber-Fabrik“ sehe man vom Wasser aus nur noch Boote, das dürfe nicht zur Regel werden, so Martin.
Das Ferienresort Schwielowsee indes sehe in seiner Dimension „garnicht so gefährlich aus, wie es immer dargestellt wird“, erklärte der Referent. Von der anderen Seite des Sees betrachtet wirke es sogar wie ein Schloss in der Landschaft. Viel Lob gab es für den Petzower Fruchterlebnisgarten. „Was die Familie Berger dort aus den alten Gewächshausanlagen gemacht hat, ist beeindruckend – ein gutes Beispiel, wie sich Gewerbe in die Landschaft einfügen kann“, so Martin.
Die historisch entstandene Kulturlandschaft lasse sich am besten von der Petzower Kirche aus bewundern. In allen Richtungen Genuss – der einzige Schönheitsfehler sei aus der Vogelperspektive ein geschlossener Bauriegel am Werder-Park. Nicht weit entfernt von der Schinkelkirche legte Martin eine Pause an der Grellbucht ein. Dort hat der Glindower Unternehmer Wolfgang Hotzel in diesem Jahr den Biergarten „Porta Elisa“ eröffnet. „Viel Holz, gut in die Landschaft eingebettet und das Ufer freigehalten“, lautete das positive Urteil Martins.
Wie der Mensch die Kulturlandschaft entwickelt habe, sei besonders gut zwischen den Weinreben auf dem Werderaner Wachtelberg zu spüren. Positiv sei, dass das sich das nahe Neubaugebiet „Wachtelwinkel“ in der Gesamtansicht dezent zurückhalte. Die Wachtelburg gehörte einst zur Reihe der vielen Werderaner Höhengaststätten. Heute ist sie im Besitz der Siebenten-Tags-Adventisten. Sie haben sich schon sehr um ihren Erhalt bemüht, sollten aber bei der Rekonstruktion des Hauses weiter unterstützt werden, so der Vorsitzende des Heimatvereins.
Eine „landschaftsprägendes Element erster Güte“ sei die Bismarckhöhe, die derzeit von der Stadt, einem Freundeskreis und Sponsoren wieder zu altem Glanz gebracht wird. „In anderen Städten steht ein Schloss“, so Martin. Diese Funktion nehme in Werder die Bismarckhöhe ein. Für die nahe gelegene alte Höhengaststätte „Rauenstein“ komme hingegen nur noch der Abriss in Frage.
Unklar ist nach wie vor auch die Perspektive der einst so beliebten „Friedrichshöhe“. Fest stehe nur: Schon jetzt ist der gerühmte Ausblick wegen der üppig wachsenden Bäume schon sehr eingeschränkt. Von den Höhen aus werden jedoch auch die Schönheitsfehler in Werders Stadtpanorama besonders deutlich. Martin nannte als Beispiel den „Bauriegel“ der Kita am Hohen Weg oder die monotonen DDR-Plattenbauten am Hamburger Ring.
Wichtig sei bei allen Neubauten in Werder, unbedingt die Traufhöhen zu beachten und an den Blick von oben zu denken. Zudem sollten laut Martin ausgediente Industrieanlagen im Uferbereich eher zurückgebaut als wiederbelebt werden. Gefahr für die Kulturlandschaft sieht er auch durch Erholungssuchende, die mit ihren Autos bis an die Ufer fahren. Oft sind es nur Details, die ihn ärgern: Zum Beispiel die Gitter am privatisierten Bootsanleger des Glindower Jahnufers oder ein abgeschlossenes Vereinsgelände am Geltower Zernseeufer.
Optimistisch ließ Martin seinen Vortrag mit dem Obstbau-Panoramaweg auf der Glindower Platte ausklingen. In der Kombination von Obstbau und Tourismus finde die Kulturlandschaft Havelobst hier ihre Bestimmung. Junge Obstbauern wie Thomas Giese würden mit neuen Plantagen und kontrolliertem Anbau dafür sorgen, dass der Obstbau-Panoramaweg auch seinen Namen verdient.Hagen Ludwig
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