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Havel-Land-Art stellt derzeit in Töplitz aus: Plaudern der Gegensätze

Freude und Staunen über die erste Ausstellung des Vereins Havel-Land-Art in Töplitz: Zwar wird es in diesem Jahr statt vier nur drei von ihnen geben, diese aber in gewohnter Qualität. Das heißt: Immer etwas seitwärts vom Trend, in Handwerk und Anspruch von hohem Niveau, und auch in der „Besetzung“ gut aufeinander abgestimmt.

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Freude und Staunen über die erste Ausstellung des Vereins Havel-Land-Art in Töplitz: Zwar wird es in diesem Jahr statt vier nur drei von ihnen geben, diese aber in gewohnter Qualität. Das heißt: Immer etwas seitwärts vom Trend, in Handwerk und Anspruch von hohem Niveau, und auch in der „Besetzung“ gut aufeinander abgestimmt. Für eine Woche nun also der Bremer Meister Till Warwas und die Giebichenstein-Absolventin Bianca Strauch.

Hier plaudern scheinbar Gegensätze miteinander: Langjährige Erfahrung mit künstlerischem Leben, Landschaft und Stillleben mit Fantasie und Fantasmagorie, Malerei mit grafischem Hochtalent in üppig wuchernden Bildern. Sie parlieren freundlichst, fechten aber nicht, denn der gestandene Bremer des Jahrganges 1962 fühlt sich dem herkömmlichen Realismus-Begriff genauso fern oder nahe wie die gebürtige Dresdnerin. Als Schüler von Klaus Fußmann kann er viel, Landschaft, Porträt, Genre und Stillleben; mehr als sein Lehrer vielleicht. In Töplitz zeigt er ein paar bewegte Meerbilder wie „Fahrwasser“, sonst Stillleben, am besten mit nur zwei „l“. Die haben es in jeder Beziehung in sich. Stundenlang bastelt er, bis Krug und Vase, Frucht und Kanne stimmig zueinander passen.

Diese Arbeiten sind tatsächlich perfekt (er nennt sie „abstrakt“) bis in den letzten Lichtspiegel hinein, bis in den diffus-unifarbenen Hintergrund. Ruhe, die überwältigt. Ruhe, die unruhig macht, hier und da an den Stil der Renaissance erinnernd. Den Rezipienten erreichen sie allemal. Freilich ist dieser Makellosigkeit auch jene Kühle mitgegeben, wie man sie von anno domini her kennt; alles hat eben seinen Preis. Solch einem uvre zu begegnen, ist Malern und Betrachtern gleichermaßen anempfohlen, jeder macht ja doch etwas Eigenes daraus.

Grafik im weitesten Sinn zeigt Bianca Strauch auf Papier, Leinwand, Holz und Stein, wobei sie sich oftmals literarische Vorlagen wählt, zum Beispiel „Der Zauberer der Smaragdenstadt“ von Alexander Wolkow mit seiner Figurage. Gut zu wissen, dass es auch in einem zauberhaft-schönem Land an Argem nicht fehlt, Zwist, Raubgier und Schlimmeres. Diese Künstlerin illustriert aber nicht, sie setzt mit einem staunenswertem Fundus an Eigenem das ins Bild, was Wolkows Buch in ihr ausgelöst hat. Geschichten wie Allegorien, Allegorie in Geschichten, von der Bildmitte her aufgebaut und ineinander verstapelt, ringsum viel Raum.

Dass Maler und sonstige Künstler immer nur die eigenen Dimensionen darstellen können, wird hier staunenswert deutlich: gedankliche Tiefe, motivische Vielfalt, manchmal etwas verwirrend und überladen. Da tauchen Harpyen aus Alt-Griechenland, Churchill und Chaplin auf, religiöse Kraken spielen Menschenfischerei, indes Buddha über all diese Menschen-Esel feixt. Mütterliche Affenliebe, die Tentakeln des Papiervolkes. Vieles also gibt es in dieser verzauberten Welt, sogar die Sieben Todsünden. In „Happy Birthday“ schießt einer mit Betonbein auf jenes vielarmig-frömmelnde Ungeheuer, das wie eine Schellenkappe aussieht. Viel Raum für eigene Assoziationen. Schwer ergründbare Grafik, auch handwerklich von hohem Adel. Eine fantastische Ausstellung, so klein, so fein. 

Bis 30. April, Montag bis Freitag 16 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 14 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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