Aus dem GERICHTSSAAL: Polizistin als Mettwurst- Diebin?
Doch angeklagt ist ein Detektiv wegen Nötigung
Stand:
Werder (Havel) – „Kann sein, dass der Detektiv die Kundin ein bisschen genötigt hat. Aber durch das Verhalten der Frau ist die Sache eskaliert“, fasst der Staatsanwalt die lautstarke Beweisaufnahme zusammen. Dann regt er an, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Amtsrichterin Kerstin Devriel stimmt zu. Dabei klang die Anklage ziemlich böse. Am 15. Dezember 2006 soll Detektiv Stefan S.* (34) eine Kundin des Werderaner Lidl-Marktes bezichtigt haben, eine Mettwurst im Wert von 97 Cent gestohlen zu haben. Britta B.*, von Beruf Polizistin, bestritt die Tat, gab ihre Personalien dennoch freiwillig preis. Obwohl sie mehrfach darauf hinwies, dass sie dringend zum Auto müsse, in dem ihr damals neun Monate alter Sohn allein sei, habe der Detektiv sie gut eine Stunde im Büro festgesetzt und gezwungen, ihre Schuld per Unterschrift sowie 50 Euro „Fangprämie“ anzuerkennen.
„Die Dame machte einen Großeinkauf. Sie hielt sich eine dreiviertel Stunde im Markt auf. Dabei riss sie mit ihren Fingernägeln eine Packung Schinkenzwiebel-Mettwurst auf und verspeiste den Inhalt. Die leere Folie klemmte sie unter das Kaffee-Regal“, erinnert sich Stefan S. Nachdem sie die übrigen Einkäufe an der Kasse bezahlt hatte, habe er sich ausgewiesen, sie auf ihr Verhalten angesprochen und ins Büro gebeten. „Die Frau wurde sofort frech und aggressiv, musste angeblich ganz schnell zu ihrem Kind. Daran hat sie in den 45 Minuten vorher auch nicht gedacht“, grollt der Angeklagte. „Ich habe sie zu nichts gezwungen.“ Übrigens habe sie sein Büro nach 20 Minuten verlassen.
„Die Mettwurst war schon im Einkaufswagen“, versichert Britta B.* (37) „Ich kriegte plötzlich Hunger. Da habe ich sie gegessen. Ich habe sie aber bezahlt.“ „Und was haben Sie mit der Verpackung gemacht?“, fragt die Vorsitzende. Die sichtlich erregte Polizistin auf dem Zeugenstuhl versichert, die leere Hülle aufs Band getan zu haben. Dann erzählt sie allerdings: „Der Detektiv legte eine leere Wurstpelle auf den Tisch und bezichtigte mich des Diebstahls. Er hat sich nicht vorgestellt, sondern mir so eine komische Blechmarke unter die Nase gehalten. Ich dachte zuerst, das sei ein Zivilpolizist.“
Wie der Angeklagte an das Corpus Delicti kam, vermag sich Britta B. nicht zu erklären. „Ich kann mich nicht erinnern, die Verpackung ins Kaffee-Regal geschoben zu haben“, beteuert sie schrill. „Ich habe ihnen diesen Ausweis gezeigt“, wirft der Angeklagte ein, zückt seine dienstliche Legitimation. Die Vorsitzende ergänzt: „Als Polizistin muss ihnen schon klar gewesen sein, dass sie es mit einem Detektiv zu tun hatten. Und die haben gewöhnlich keine Blechmarken, um sich auszuweisen.“ (*Namen geändert.) Hoga
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