Aus dem GERICHTSSAAL: Präsente spurlos verschwunden
Vorteilsannahme im Amt nicht nachweisbar
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Teltow – „Es kann sein, es muss aber nicht sein“, philosophiert Amtsrichter Oliver Kramm. „Nach sieben Jahren lässt sich der Tatvorwurf nicht mehr zweifelsfrei beweisen.“ Wieso sich Gerlinde G. (55, Name geändert) erst jetzt wegen Vorteilsannahme im Amt verantworten muss, erhellt sich während der Verhandlung nicht. Die Sachbearbeiterin im Bauamt Teltow soll im November und Dezember 2002 von einem Hamburger Investor zwei Präsentkörbe im Gesamtwert von 135 Euro erhalten haben. Hintergrund sei die „Klimapflege im Zusammenhang mit der Umbaumaßnahme des Teltower Real-Warenhauses“ gewesen.
„Ich habe diese Sachen nie bekommen“, betont Gerlinde G. zu Prozessbeginn. „Außerdem weiß ich, dass wir Geschenke nicht annehmen dürfen.“ Den vermeintlichen Adressaten der Präsente kenne sie von verschiedenen Besuchen im Bauamt. „Allerdings habe ich keine dienstlichen Gespräche mit ihm geführt“, beteuert die zierliche Frau. Weshalb ausgerechnet sie in den Genuss der lukullischen Köstlichkeiten kommen sollte, könne sie sich nicht erklären.
„Ich habe die Präsentkörbe bei den entsprechenden Firmen in Auftrag gegeben und an die Adresse von Frau G. liefern lassen, erzählt Peter J. (67) im Zeugenstand. Die Angeklagte sei damals für die Annahme seiner Bauanträge verantwortlich gewesen, habe sie dann weitergeleitet. Der Unternehmer wurde bereits wegen Vorteilsgewährung – nicht nur an die Teltower Bauamtsmitarbeiterin – in seiner Heimatstadt Hamburg rechtskräftig verurteilt. „Natürlich habe ich nicht geprüft, ob die Sachen auch wirklich bei der Empfängerin angekommen sind. Ich habe die Rechnung bezahlt. Damit war die Angelegenheit für mich erledigt“, erklärt er.
Marianne A. (62) Hamburger Kriminalbeamtin im Ruhestand, erinnert sich: „Während der Ermittlungen habe ich mit einer der Lieferfirmen Kontakt gehabt. Der verantwortliche Mitarbeiter bestätigte mir, die Ware sei an die gewünschte Anschrift geschickt worden.“ Ob sie die Adressatin tatsächlich erreicht habe, entziehe sich ihrer Kenntnis, so die Pensionärin. „Eine Sendung kann auf dem Postweg schon einmal verloren gehen. Wenn aber genau einen Monat später schon wieder ein Paket nicht bei dem selben Empfänger ankommt, ist das ein bisschen zu viel Zufall“, findet der Staatsanwalt. Er glaubt, die Angeklagte habe die Geschenkkörbe bekommen und entgegen der Dienstvorschrift auch behalten. „Bei Vorteilsannahme im Amt ist man bereits mit im Boot, wenn man sich nicht rührt.“ Weil die Tat schon so lange zurückliegt, solle Gerlinde G. mit einer Geldstrafe von 1500 Euro sanktioniert werden. Richter Kramm spricht die Frau allerdings frei. „Es könnten auch andere Leute Gefallen an den Präsentkörben gefunden haben“, mutmaßt er. „Sicher wissen wir nur, dass die Rechnung von dem Zeugen J. bezahlt wurde.“ Hoga
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