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Potsdam-Mittelmark: Praxisnahe Forschung

Institut für Getreideverarbeitung hofft auf Startschuss für einen Neubau im kommenden Jahr

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Nuthetal - Das Institut für Getreideverarbeitung in Bergholz-Rehbrücke (IGV) platzt aus allen Nähten, Labore und Technik sind komplett ausgelastet. Im kommenden Jahr soll deshalb der Startschuss für ein neues Gebäude für die praktische wissenschaftliche Arbeit gegeben werden. In diesem „Technikum“ könnte dann die biotechnologische Arbeit des Instituts konzentriert werden, sagt IGV-Geschäftsführer Peter Kretschmer. Selbst kleine Serien von Eigenextrakten könnten in dem Neubau produziert werden. Der Bauplatz für das „Biotechnologischen Zentrums“ befindet sich auf dem Institutsgelände.

Kretschmer hofft, die Finanzierung mit Hilfe des Wirtschaftsministeriums und des Landkreises auf sichere Füße stellen zu können. Das Projekt sei bereits auf fünf Millionen Euro abgespeckt worden. Mindestens ein Viertel der Gelder müssen aus eigener Kraft erbracht werden. Der Neubau, um den das IGV seit Jahren ringt, bedeute im Kern für 10 bis 15 Jahre Sicherung des Institutsstandortes. Es gehe um praxisnahe Forschung, „das Ohr am Puls der Zeit“ zu haben. „Industrielle Anlagen sind hochproduktiv ausgelegt, da ist kein Probieren möglich“, erklärt der studierte Biochemiker. Umso mehr sei die Forschung gefordert, diese Lücke zu schließen. Im neuen Technikum soll Platz für die Durchführung von praxisnahen Pilotprojekten geschaffen werden.

Ein Schwerpunkt des IGV bildet die Verwertung des auf den mageren brandenburgischen Böden wachsenden Roggens. Mit der Entwicklung des längst gebräuchlichen Dämmstoffes Ceralith aus 80 Prozent Roggen war das IGV damals führend in der Auseinandersetzung um die ethische Frage, Nährmittel in der Baubranche zu verwerten. Selbst mit der Kirche wurde man sich einig: Wenn in der Prignitz Bauern in Lohn und Brot kommen, sei das zu begrüßen. In der Baubranche, so Kretschmer, wurden inzwischen weitere Arbeitsplätze geschaffen.

So ist inzwischen auch die hauseigene Roggenfaser-Platte Rofa weltweit gefragt. 15 Liter Wasser kann das Material pro Quadratmeter aufsaugen. Das eingearbeitete Saatgut wurzelt binnen sechs Wochen durch die auf den Boden gepinnten Platten. Schwierige Hanglagen können so rekultiviert und erosionssicherer gemacht werden. Im Sommer 2008 wurde auf Madagaskar eine Testfläche installiert. Das früher gestartete Projekt in Nepal soll neben neuen Straßen die entwaldeten Böschungen sichern, die von den Monsunregen abgespült werden. Während in Nepal die Errichtung einer Produktionsanlage für Rofa-Platten vertraglich geregelt ist, laufen noch die Gespräche mit Partnern auf Madagaskar.

Das Spezialmehl Roginello zeichnet sich durch Aromadichte und den abgemilderten sauren Geschmack aus, das IGV verkaufte dessen Lizenz im Sommer an ein japanisches Mühlenunternehmen. Auf Initiative des Landkreises entwickeln die Fachleute derzeit mit der Backwarenbranche eine Marke, die märkischen Roggen bekannter machen soll. Roggenprodukte sollen ein Aushängeschild für den Landkreis werden. In jüngster Zeit ist auch die Biomasseproduktion von Mikroalgen zur Herstellung von Biodiesel ein Aufgabengebiet geworden.

Der 70-jährige Kretschmer sucht für die Leitung des Hauses derweil einen Nachfolger. 1994 hatte er das ehemals volkseigene Institut mit von der Treuhand erworben, fast 50 Jahre arbeitet er schon hier. Ute Kaupke

Ute Kaupke

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