Potsdam-Mittelmark: Pro Tag zehn Widersprüche
Der Landkreis bietet wieder kostenlose Schulbustickets – nicht für alle
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Potsdam-Mittelmark - Der Schulbus wird für mittelmärkische Kinder im kommenden Schuljahr wieder kostenlos – leider nicht für alle. Im Landratsamt häufen sich jetzt die Widersprüche der Eltern, die mit der Neuregelung sogar kräftig draufzahlen müssten, sagte der zuständige Fachbereichsleiter Thomas Schulz den PNN auf Anfrage.
Der Kreistag Potsdam-Mittelmark hatte im Mai beschlossen, die Kosten für den täglichen Schulbusverkehr ab dem Schuljahr 2008/09 zusammen mit der finanziellen Hilfe des Landes ohne Elternbeiträge zu schultern (PNN berichteten). Festgeschrieben wurden allerdings auch Ausnahmen: So werden die kostenfreien Tickets nur vergeben, wenn das Kind, die am kostengünstigsten erreichbare Schule besucht und weiter als zwei Kilometer (für Grundschüler) bzw. drei Kilometer (für Schüler der Sekundarstufen I und II) davon entfernt wohnt. Suchen sich Eltern und Kind eine Schule aus, die weiter entfernt liegt als eine gleichwertige, aber nähere Alternative, muss draufgezahlt werden. Und wohnen die Kinder zu nah an der Schule muss sogar der gesamte Ticketpreis selbst gezahlt werden.
Während die erste Ausnahme bereits seit Jahren Normalität ist und immer wieder einige Eltern aus finanziellen Gründen dazu bewegte, die Schule für ihr Kind nicht frei wählen zu können, erklärte Kreiselternsprecher Martin Köhler, sei der zweite Fall die eigentliche Verschlechterung. Noch im laufenden Schuljahr 2007/08 können auch Schüler innerhalb der kurzen Entfernung von zwei, bzw. drei Kilometern ein Ticket in Anspruch nehmen und mussten dafür lediglich einen einheitlichen Eigenanteil von 10 Euro monatlich zahlen. Je nachdem wie viele Tarifzonen nun ab kommenden Schuljahr auf dem Schulweg überschritten werden, kann sich der Preis für das Busticket für diese Eltern verdoppeln, wenn nicht sogar noch teurer werden, wenn sie das Ticket voll bezahlen müssen.
„Zwei Kilometer Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad sind für Erstklässler völlig zumutbar“, verteidigte Schulz den Beschluss. Die Eltern hätten jedoch das Recht, Widerspruch einzulegen. Das Landratsamt prüfe in jedem Einzelfall, ob eine Ausnahme begründet ist und das Busticket bezuschusst wird. Dies gelte zum Beispiel bei einer Gefährdung des Kindes auf dem Schulweg. Dazu zählen laut Schulz zum Beispiel dunkle Wälder oder stark befahrene Straßen die ohne Ampelanlage überquert werden müssen. In einigen Städten seien Beamte derzeit sogar damit beschäftigt, einzelne Schulwege auf den Meter genau auszumessen und einzuschätzen. „Wir bekommen täglich rund zehn Widersprüche gegen die Regelung“, erklärte Schulz. Dies seien jedoch prozentual bei rund 10 000 zu befördernden Kindern nur wenige Fälle. Bis zum Schuljahresanfang, hofft Schulz, werden die Widersprüche abgearbeitet sein.
Um dem bürokratischen Prozess und den ständigen Klagen der Eltern endlich wirksam zu begegnen, schlägt Elternsprecher Köhler ein ermäßigtes, brandenburgweit geltendes Schülerticket vor. So animiere man, den OPNV zu nutzen und das wiederum, so Köhler, sei verkehrserzieherisch nicht zu unterschätzen.
Tobias Reichelt
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