Potsdam-Mittelmark: Prüfungen auf dem Weg zum Thron
Eine Blütenkönigin muss nicht nur Äpfel von Birnen unterscheiden können
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Werder - Nancy, Stefanie und Carolin sind im Endspurt: Kommende Woche werden die Jurymitglieder ihr Votum, wer zum Baumblütenfest zur Königin gekrönt wird. Die drei Anwärterinnen nehmen es scheinbar gelassen, dass nur eine von ihnen das Rennen machen kann. Carolin kennt das Procedere bereits aus der vorjährigen Bewerbung, Stefanie hat sich – nachdem sie im Vorjahr zu spät war – dieses Mal rechtzeitig beworben und gibt sich cool. Nancy ist echter Neuling im Kanditatentrio, lässt sich aber ebenfalls nicht aus der Ruhe bringen. Vergangenen Freitag waren die drei jungen Frauen unterwegs, um Kenntnisse zu sammeln, Wissenswertes zu erfahren und um sich in einigen kleinen Prüfungen zu üben.
Die mehrstündige Rundfahrt führte zur Pektin-Fabrik, auf den Obsthof Stefan Lindicke, über Obstplantagen bis zum Werderaner Wachtelberg. Regen und Sonne wechselten sich ab, der Wind blies kalt, so dass die Damen ihre Kragen aufstellten und alle Mühe hatten, das lange Haar fotogen immer wieder herzurichten. Auf dem Betriebsgelände von Herbstreith & Fox wurden sie exklusiv von den beiden Werkleitern empfangen, die den Bewerberinnen ausführlich die Verfahrenstechnik zur Herstellung von Pektin erklärten. Statt der vor der Wende verwendeten Apfelschalen werden jetzt fast ausschließlich Zitronenschalen verwendet, da sie dreimal so ergiebig sind. Lieferanten sind Firmen, die das Fruchtfleisch der Zitrusfrüchte selbst nutzen und die Schalen tonnenweise nach Werder schicken. Hier werden sie zerkleinert, mit Wasser versetzt, erhitzt und durch Dampf getrennt, bis das Pektin als gelartige warme Masse später getrocknet und als Pulver in Säcke abgefüllt in die ganze Welt exportiert wird. Das Gelände der Pektinfabrik ist mit etwa 20 Hektar riesig, so dass der Logistikbereich bei Bedarf erweitert werden kann. Es duftet überall intensiv nach Zitrus, es ist laut und die Hallen sind riesig. Vielleicht wird die nächste Regentin Gelegenheit haben, die Pektinfabrik auf internationaler Bühne zu repräsentieren – bei einer Produktmesse in London.
Nächste Station: Obsthof Lindicke, direkt an der B 1. Obstbauer Stefan Lindicke hat sich Zeit genommen für die Kandidatinnen, er bietet Äpfel an und referiert über Lagerung, Sorten und Verarbeitung. Die drei Thron-Anwärterinnen müssen Apfelsorten erkennen, Auskunft geben über Erbeersorten, die man lagern kann und über solche, die zwar süß, aber zum sofortigen Verzehr bestimmt sind. Auch Obstzweige liegen bereit, manche mit zarten Blüten, manche mit kaum sichtbaren Knospen, weshalb der zugehörende Baum nicht leicht zu bestimmen. Die Jury ist freundlich, aber bestimmt: Geholfen wird nicht.
Auf verschlungenen Wegen ging es schließlich durch die Obstplantagen. Die Bäumchen lechzen förmlich der Sonne entgegen, damit endlich die Knospen knallen können. Noch wirkt alles fast winterlich. Weinbauer Manfred Lindicke gibt sich auf dem Wachtelberg einen kleinen Empfang. Beiläufig erzählt er kenntnisreich, warum Werder das nördlichste Anbaugebiet für Qualitätsweine ist, obwohl es weiter nördlich sehr wohl auch noch Anbaugebiete gibt. Und er erzählt auch, dass der Wachtelberg zu den Saale-Unstrutweinen gehört und dass zu Lehr- und Anschauungszwecken eine Vielzahl verschiedenster Weinstöcke hier zu finden ist.
Am Ende der Erlebnis- und Prüfungstour ließen die Jurymitglieder in gewohnter Manier auch nicht den kleinsten Hauch erkennen, wen sie als neue Blütenkönigin favorisieren. Und jede der drei Kandidatinnen ist siegesgewiss, zum Blütenball auf den Thron zu steigen. Magda Greßmann
Magda Greßmann
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