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Von Henry Klix: Quer durch die Gärten

Die Pläne für den Bahntunnel in Werder rufen bei betroffenen Bewohnern Unmut hervor / Bürgermeister wirbt um Verständnis

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Werder (Havel) - Gregor Berner ist ein bisschen sauer: Erst vor ein paar Wochen ist sein neues Haus in der Elsastraße in Werder fertig geworden. Verglichen mit der Potsdamer Zeppelinstraße, wo er vorher wohnte, sei das hier eine sehr ruhige Ecke. Doch schon in drei Jahren könnte sich das ändern: Dann nämlich soll die L 90 nur wenige Meter an seinem Haus vorbeiführen. An sich sollte er die Bodenplatte kurz nach dem Baubeginn im März noch verschieben, hatte ihn die Bauaufsicht gebeten. „Ich sollte das aber selbst bezahlen, dazu hatte ich gar kein Geld“, so Berner. Nun wird die neue Straße wahrscheinlich einen kleinen Bogen um sein Haus schlagen. Die Eiche bleibt gerade noch so stehen, hat Berner von den Straßenplanern erfahren.

Die neue Bahnunterführung erregt die Gemüter der Bewohner zwischen Bahndamm und Elsastraße: Sechs Familien wären davon betroffen, sagt Günter Mayer, der selbst zu ihnen gehört: Der Nussbaum der Rößlers, der Gemüsegarten der Familie Horlitz und der schöne Gartenteich von Inge Späth müssen weichen, Staudenbeete und Obstbäume gehen verloren, wenn die Straße, wie vorzugsweise geplant, einen großen Bogen östlich ihrer jetzigen Achse durch die großen Gärten schlägt. Auch die Pläne einiger der Bewohner, die großen Grundstücke zu teilen, damit die Kinder ein zweites Haus bauen können, sind wohl erledigt. „Und das nur, damit die Leute nicht mehr neun Minuten an der Schranke warten müssen, wo sie in Potsdam eine halbe Stunde lang im Stau stehen“, sagt Mayer.

Teilweise, so fürchten die Betroffenen, wird die neue Straße nur zwei Meter an ihrer Terrasse vorbei führen, von der aus sie jetzt die Amseln beobachten können. „Dann gebe ich doch gleich mein ganzes Grundstück ab und ziehe woanders hin“, sagt Mayer. Er und die anderen Bewohner haben sich inzwischen einen Rechtsanwalt genommen. Besonders verärgert sind sie darüber, dass sich die Werdreaner Stadtverordneten zwischen drei Alternativen unlängst für die Ostvariante durch ihre Grundstücke ausgesprochen haben, ohne je vor Ort gewesen zu sein. „Ich dachte, dazu wären die da“, sagt Karin Horlitz, die sich fragt, wie sie künftig ihr Gewächshaus erreichen soll, wenn die eine Gartenhälfte durch die neue Straße vom Haus abgetrennt wird. Eine Gartenlaube auf ihrem Grundstück muss wohl komplett abgerissen werden. „Warum bleibt man nicht auf der bestehenden Strecke?“, fragt sich Horlitz.

Werders Bürgermeister Große (CDU) warb auf PNN-Anfrage um Verständnis für das Projekt: „Die langen Schließzeiten an der Bahn sind volkswirtschaftlich nicht zu vertreten“, so der Bürgermeister. 7000 Fahrzeuge täglich passieren die Strecke, im Berufsverkehr kommt es zu Sperrzeiten von bis zu 33 Minuten pro Stunde. Die Betroffenen des Neubaus würden am Planfeststellungsverfahren beteiligt. „Aber dass dort ein Tunnel gebaut werden soll, ist schon seit langem bekannt. Wer dort gebaut hat oder neu hingezogen ist, hätte sich darüber informieren können“, so Große. Dennoch werde sich die Stadt bemühen, möglichst verträgliche Lösungen zu finden, wobei Große betont, dass ja eigentlich das Land der Bauherr ist.

Aus dem Infrastrukturministerium wird betont, dass sich das Projekt für den Bahntunnel noch in der Vorplanung befinde. „Demzufolge sind noch Verschiebungen der endgültigen Trasse im Detail möglich“, so Ministeriumssprecher Lothar Wiegand. Allerdings stehe die Ostvariante inzwischen fest: „Die Entscheidung der Stadt Werder deckt sich mit unserer Vorzugsvariante und in der Lage auch mit der der Deutschen Bahn AG“, sagte Wiegand. „Die beiden anderen Trassenlagen scheiden aus.“ Wiegand stellte fest, dass bei allen drei Varianten Eigentümer in fast gleicher Größenordnung betroffen seien. „Daher ist das kein Kriterium für die Entscheidung.“ Bei der bestehenden Trasse wäre zu beachten, dass die Tunnel-Anlieger neu erschlossen werden müssten und „wesentlich mehr Grundstücke, vor allem im Vorgartenbereich, betroffen sind“, so Wiegand.

Alle Belange der Betroffenen würden im Planfeststellungsverfahren gehört, das Ende des kommenden Jahres beginnen soll. Ob und wieviel Entschädigung geleistet wird, konnte Wiegand noch nicht sagen, das hänge vom Einzelfall ab. „In der Regel werden wir uns aber einig“, sagte der Ministeriumssprecher mit Verweis auf ähnliche Bauprojekte des Landes.

Gregor Berner hat der Straßenführung inzwischen zähneknirschend zugestimmt, 7000 oder 10 000 Autos täglich seien ja immer noch weniger als 40 000 in der Potsdamer Zeppelinstraße, wie er meint. Ein bisschen verdattert ist er geblieben: Denn mit seiner Zustimmung, so sei ihm im Nachgang vom Landesbetrieb Straßenwesen gesagt worden, habe er auch auf seine Ansprüche für zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen verzichtet.

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