Aus dem GERICHTSSAAL: Radfahrer ins Bein gebissen
Freispruch für Chefin einer Hundeschule
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Caputh – Der Professor im Ruhestand ist sich sicher: Die Frau auf der Anklagebank ist diejenige, die am 18. April vorigen Jahres mindestens sechs Hunde unangeleint am Ortsrand von Caputh laufen ließ. Als er mit seinem Rad an dem Rudel vorbeifuhr, hätten ihn zwei der Vierbeiner angesprungen. Dann sei er von dem größeren schmerzhaft ins Bein gebissen worden, so der 77-Jährige. Der Arzt attestierte ihm wenig später einen Riss der Achillessehne.
Melanie M.* (39), Besitzerin einer Hundeschule und angeklagt wegen fahrlässiger Körperverletzung, bestreitet, an jenem Ostertag in Caputh unterwegs gewesen zu sein. Ihr Lebensgefährte und die Mutter geben ihr ein Alibi, berichten von ausgiebigem Ausschlafen an besagtem Tag in Berlin sowie anschließendem Brunch. Der Staatsanwalt glaubt ihr nicht, zumal die Hundeschule in unmittelbarer Nähe des Tatortes liegt. Er beantragt eine Geldstrafe von 400 Euro. Das Gericht hegt nach Abschluss der Beweisaufnahme allerdings Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten, spricht sie nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“ frei.
„Als der Hund mich angefallen hatte, rief mir die Frau zu, ich solle das Maul halten und nicht so ein Theater machen“, berichtet das Opfer der Biss-Attacke im Zeugenstand. Dabei habe er sich ihr Gesicht eingeprägt, wenn auch aus rund 40 Metern Entfernung. Danach befragte er die Nachbarn, wer viele Hunde spazieren führe, erhielt den Tipp mit der Hundeschule. Er recherchierte im Internet, fand Namen und Adresse der Angeklagten heraus. Bei einer Wahllichtbildvorlage der Polizei identifizierte er Melanie M. zweifelsfrei. Allerdings – so seine Erinnerung - habe sie damals lange schwarze Haare getragen. „Meine Haare waren noch nie schwarz, und offen trage ich sie bei der Arbeit mit den Tieren schon gar nicht“, entgegnet die brünette Hundetrainerin. Zudem habe sie sich – zur Überraschung ihres Freundes – kurz vor dem fraglichen Zeitpunkt blonde Strähnchen färben lassen.
Der Herr Professor habe allen Grund, den Schuldigen an seiner Verletzung zu finden, um Schmerzensgeldansprüche geltend zu machen, gibt der Verteidiger zu bedenken. Der Geschädigte habe sich offenbar jedoch auf das Gesicht seiner Mandantin „eingeschossen“, sie erst im Internet, dann auf der Anklagebank gesehen. Nun glaube er zwangsläufig, sie sei die Täterin. Dabei sei sie in Caputh wahrlich nicht die einzige, die mehrere Hunde ausführe. Hoga
(*Name von der Redaktion geändert.)
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