
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Rätselhafte Flecken
Die Wäsche von Anwohnern in Teltow-Seehof kommt dreckig aus der Maschine, schuld daran könnte Eisenschlamm sein. Jetzt will eine Anwohnerin gegen den Wasserversorger klagen
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Teltow - Nur der Winter bringt saubere Wäsche. Zumindest für Regina Wurl. Werden die Tage wieder kühler, kann sie ihre schmutzigen Kleider in ihre Waschmaschine stecken und muss keine braunen Flecken fürchten. Im Sommer hingegen, kurz nach der jährlichen Rohrspülung, riecht ihre Wäsche zwar gut, aber kleine braune Flecken trüben die Optik.
„Am Anfang dachte ich, dass es Schokoladenreste sind“, sagt die zierliche Frau, die in Teltow-Seehof wohnt. Doch als die Flecken nach mehrmaligen Waschen und einer professionellen Reinigung nicht verschwanden, wunderte sich Regina Wurl. Heute, drei Jahre später, vermutet sie Eisenschlamm, der in den alten Rohrleitungen schlummert. Auch ihre Nachbarn klagen über Flecken auf der Wäsche und haben sich bereits beim Wasserversorger, der Mittelmärkischen Wasser- und Abwasser GmbH (MWA), beschwert. Für Regina Wurl ist das Maß inzwischen voll: Sie will die MWA jetzt wegen des dreckigen Wassers verklagen.
Jedes Jahr sei es dasselbe: Wenn im März das Rohrnetz gespült wird, dauert es einige Wochen, dann zeigen sich die braunen Rostflecken auf der Wäsche, berichtet Wurl. Erst im Herbst setzt sich der Eisenschlamm wieder ab. Dann ist für ein halbes Jahr wieder Ruhe. Eine Erklärung für das Flecken-Phänomen hat Wurl nicht, nur Vermutungen.
Das Problem sei aufgetreten, als 2010 die unausgebaute Sandpiste vor ihrem Haus in der Liliencronstraße asphaltiert und unter der Erde neue Rohre verlegt wurden. Wurl vermutet, dass sich dadurch die Fließgeschwindigkeit des Wassers verändert habe – und zwar dadurch, dass alte auf neue Rohre treffen. „Als noch die alten Rohre vor unserem Haus verliefen, hatten wir keine Probleme.“ Im Winter würden sich die aufgelösten Eisenpartikel in den Rohren wieder ablagern, sodass die Wäsche sauber bleibe.
Jahrelang rätselte die Teltowerin, wie es zu den Flecken kommt. Die Schuld suchte sie anfangs nur bei sich: Sie kaufte sich eine neue Waschmaschine, stritt sich mit dem Hersteller, weil selbst mit der modernen Maschine die Flecken nicht verschwanden. Dann ließ sie einen teuren Wasserfilter in ihre Hausanlage einbauen. Nichts verbesserte sich.
Jetzt ist klar, dass es nicht an Wurls Hausleitung liegt. Das bestätigt ein Gutachten, dass sie bei einer zertifizierten Installationsfirma in Auftrag gegeben hat. Ihre Hausleitung sei aus Kunststoff, sagen die Installateure. Das Problem liege laut Wurl somit bei der MWA. Doch die, so berichtet Wurl, habe bisher die Schuld von sich und ihrem Rohrnetz gewiesen. Das Wasser entspreche den Trinkwasserstandards, zu viel Eisen sei darin nicht enthalten. „Die MWA vermutet vielmehr, dass sich in meiner Wäschetrommel eine Büroklammer befindet“, ärgert sich Wurl.
Auch der Chemieprofessor Hans-Jürgen Holdt von der Universität Potsdam vermutet, dass die Rostflecken auf der Wäsche durch Eisenschlamm entstehen: „Wenn die Wäsche braun ist, liegt das am Eisen im Trinkwasser.“ Werden verzinkte Stahlrohre durch Korrosion angegriffen, setze sich Eisen ab. Bei Kupfer- oder Kunststoffrohren komme es zu keinem Eisenaustritt. Eisen im Trinkwasser sei aber keine Gefahr für die Gesundheit.
Dennoch ist Wurl skeptisch: „Ich versuche es zu vermeiden, Wasser aus der Leitung zu trinken.“ Jetzt will Wurl vor Gericht die MWA auf Schadensersatz verklagen. Unzählige Kleidungsstücke sind ihr durch die Flecken verdreckt worden. Zudem fährt die Teltowerin von März bis September regelmäßig in einen Waschsalon. „Zwei Jahre lang habe ich bei Freunden und meinem Sohn gewaschen, das geht auf Dauer nicht.“ Eigentlich will die zierliche Frau das ganze Jahr über ihre Wäsche zu Hause waschen können und fordert von der MWA eine Lösung. Der Wasserversorger erklärt auf Anfrage, dass die Herkunft der Flecken völlig unklar sei. „Sie sehen zwar aus wie Rostflecken, aber das ist nicht erwiesen“, so der technische Geschäftsführer Torsten Könnemann. Ein Trinkwassermeister habe vor Ort Wasserproben entnommen und nichts Bedenkliches gefunden.
Ihre Nachbarn werden Wurl bei dem Gang vor Gericht nicht unterstützen. Manche von ihnen würden dunkle Kleidungsstücke tragen, da fallen die kleinen braunen Flecken weniger auf, berichtet Wurl. Andere Nachbarn wohnen nicht das ganze Jahr über in ihrem Teltower Haus und hätten wohl eine andere Lösung fürs Wäschewaschen.
Würde die Teltowerin ihre Wäsche über 60 Grad waschen, würde es keine Rostflecken geben. „Nur unter 60 Grad ist Eisenschlamm wirksam“, sagt Wurl. Nun hat sie genug von den braunen Punkten und ist froh, dass sie bis zum Frühjahr keine verdreckte Wäsche aus ihrer Waschmaschine ziehen muss.
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