Aus dem GERICHTSSAAL: Räuber ohne Erinnerung Stahnsdorfer schlug Busfahrer und raubte Geld
Stahnsdorf - An diesen Vorfall könne er sich nicht erinnern, beteuerte Lars L.* zu Prozessbeginn.
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Stahnsdorf - An diesen Vorfall könne er sich nicht erinnern, beteuerte Lars L.* zu Prozessbeginn. „Ich bin der Meinung, dass ich so etwas nie machen würde.“ In der Tat wirkt der akkurat frisierte 24-Jährige wie ein Musterschüler. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Constanze Rammoser-Bode verurteilte den Stahnsdorfer am Dienstagvormittag wegen räuberischen Diebstahls, Raubes sowie Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Sie wurde zu zweijähriger Bewährung ausgesetzt. Als Auflage muss Lars L. 400 Euro Geldbuße an die Staatskasse zahlen – ein Vielfaches dessen, was der künftige Einzelhandelskaufmann in der Nacht zum 1. Mai erbeutete.
Die Anklage warf Lars L. vor, er sei um 4.10 Uhr an der Stahnsdorfer Bushaltestelle Potsdamer Allee/Friedrich-Naumann-Straße in den Bus der Linie N 12 gestiegen. In einem unbeobachteten Moment soll er in die Kasse des Busses gelangt und 25 Euro in Münzen gestohlen haben. Als der Fahrer das Geld zurückforderte, soll Lars L. zunächst einen Teil der Beute auf dem Sitz abgelegt haben. Danach habe er versucht, den Havelbus-Mitarbeiter zu schlagen, soll ihn geschubst, gekratzt und das Geld erneut ergriffen haben. Während der anschließenden Flucht habe der junge Mann dem Fahrer den „Stinkefinger“ gezeigt.
Lars L. – offensichtlich angetrunken – sei in der Nacht des 1. Mai im Bus eingeschlafen und habe seine Haltestelle „Waldschänke“ verpasst, erzählte Havelbus-Fahrer Sahid S.* (43) vor Gericht. Da es die letzte Runde war, habe er ihm angeboten, ihn auf dem Weg zum Betriebshof unterwegs abzusetzen. „Er hat sich gefreut. Plötzlich sehe ich, wie er sich an meiner Kasse bedient und dann abhaut. Das war ein Schock für mich. Ich war richtig wütend“, sagte der als Zeuge Geladene. Er rief die Polizei. Eine Nahbereichsfahndung brachte allerdings keinen Erfolg.
Am 16. Mai fuhr Lars L. erneut mit dem Bus dieser Linie. Fahrer Sahid S. erkannte ihn „tausendprozentig“ wieder. Schließlich trug er dieselbe Kleidung wie in der Tatnacht. Er informierte die Polizei und schloss die Türen seines Gefährts. Lars L. saß in der Falle. Die Beamten nahmen seine Personalien auf. Justitias Mühlen begannen zu mahlen.
Der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt. Bereits mit 15 Jahren ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung gegen ihn, später wegen Diebstahls. Von einer Strafverfolgung wurde noch abgesehen. Danach ging es Schlag auf Schlag: Sachbeschädigungen, Beleidigung, Ladendiebstahl. Zwei Verfahren wurden gegen Ableistung von Sozialstunden eingestellt. 2011 gab es die erste Geldstrafe.
„Den Stinkefinger zeigen, ist heute gang und gäbe“, erklärte Verteidiger Hans-Jürgen Kernbach. Die angeklagte Beleidigung des Busfahrers sehe er nicht. An den anderen Punkten komme man allerdings nicht vorbei. Da die angewendete Gewalt nicht immens groß, die Beute gering war, ging das Gericht von einem minder schweren Fall des Raubes sowie des räuberischen Diebstahls aus. „Es geht aber nicht, dass man nachts – und noch dazu in Ausübung seines Berufs – angegriffen wird“, so die Schöffengerichtsvorsitzende. (*Namen geändert) Hoga
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