KulTOUR: Neue Ausstellung in Galerie Töplitz: Realisten ihrer Träume
Wenn nicht die Künstler selbst, sondern Galerien den Weg der Kunst bestimmen, dann ist jene in Töplitz eine kleine Gute. Hier gibt es weder Eigennutz noch Denken nach Penunze.
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Wenn nicht die Künstler selbst, sondern Galerien den Weg der Kunst bestimmen, dann ist jene in Töplitz eine kleine Gute. Hier gibt es weder Eigennutz noch Denken nach Penunze. Vier Ausstellungen im Jahr, meist mit Nachwuchs aus der Burg Giebichenstein, was zumindest für Eins-a-Handwerk spricht, und dies über sehr viele Jahre. Auch die zweite Schau im Jahr hat es in sich, der Verein Havel-Land-Art als tragende Säule vom Ganzen präsentiert mit Anna Dorothea Klug, Franziska Heller und Nikolaus Fasslrinner mal wieder etwas ganz Besonderes.
Anna Dorothea Klug treibt als Bildhauerin das Innenleben der Menschen um, Träume, Angst, der Wunsch nach Geborgenheit. Dafür sucht sie per Aufbau-Keramik nach künstlerischem Ausdruck. Da steht ein Wesensklotz massiv und stolz in Grau, mit einem kreisrunden Loch im Wanst. Heraus schaut ein Mann mit ernstem Gesicht. Ihr Kommentar: „Das Gefühl sitzt im Bauch!“ Gleich daneben hütet ein riesiges, aber ganz liebes Känguruh einen ganz kleinen Mann zwischen den Knien, seltsame Geborgenheit. Sie formt auch Leute mit Tieren in Händen, auf Schultern, heimliche Zuordnungen, toll. Eine Glasvitrine zeigt siamesische Zwillinge, zottig, aber in kommunikativer Geste aneinander gebunden. Wer sich da nicht wiedererkennt ...
Franziska Heller hat zwei Begabungen, einmal die hohe Kunst, ganz hervorragende Tuschezeichnungen anzufertigen, wovon man sich unbedingt überzeugen sollte, zum anderen hat sie auch Buchkunst studiert. Also ist ein Buch für sie nicht Inhalt mit Pappdeckel und Umschlag, sondern Stück für Stück ein Kunstwerk, dazu noch mit eigenen Texten. Echte Sammlerstücke, das gehört in eine Verkaufsausstellung hinein. An der Wand, gegenüber dem Entree, hängt dann noch eine Tafel mit Tuschezeichnungen, die verschiedene Wahrnehmungs-Ebenen ihrer Motivik spiegeln, in Sachen Spiegelung und Gleichzeitigkeit zum Beispiel. Kurz, bei Franziska Heller, einer sehr zierlichen Person, bekommt das Wort „fine art“ – mehr deutsch als englisch verstanden – einen besonderen Glanz, zum Beispiel im handgeprägten Kunstbuch Ophelia mit seiner sehr kleinen Auflage.
Dritter im Bunde ist der Maler Nikolaus Fasslrinner, ein Hasardeur des Pinsels, positiv gesprochen. „Nikolaus versucht, die Welt zu bezaubern, zu träumen, zu fliegen, und seine eigene Geschichte zu erzählen“, so steht es geschrieben im Ausstellungsheft. Mag es seinen Bildern hier und da auch an Tiefenschärfe fehlen, so sind sie doch nicht natural und platt. Ein Selbstporträt mit etwas Mehrgesichtigem, an seine Schulter gelehnt. Der Maler hält in der Hand, was der Pinsel nicht sein soll. Ein dunkles Orakel an einem Portal. Bildkommentare zu Henri Charriéres Buch Papillon, dem jungen Maler ein nachhaltiges Faszinosum. Ein Meer mit bunten Hügeln, Eiskugeln gleich, oder ein rotweißer Farbstrom mit Bergen, die wie Schoko-Softeis-Zipfel aussehen. Das ist naiv, das ist surreal und absurd, also realistisch, etwas anderes gibt es ja nicht. „Ich bin ein Realist meiner Träume“, so sein Credo.
Ein Auslandssemester in China erweckte Liebe und Fähigkeit zum Zeichnen mit Tusche und Pinsel in ihm. Etwas davon kann man als Kunstpostkarte kaufen. Als Foto freilich sieht man ihn mit seinem kleinen Bruder aus der Kinderzeit, beide voll mit Farbe bemalt. So fing es damals wohl an. Man ahnte es ja, wo weder Geld noch Trend im Spiele sind, da beginnt die Kunst erst wirklich, der Rest ist eher Tendenz und Kommerz. Gerold Paul
Bis zum 26. Juni, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr, Montag bis Freitag von 16 bis 18 Uhr, Dorfplatz Töplitz
Gerold Paul
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