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Voller Einsatz. Teltower Schülerinnen kicken gekonnt aufs Tor.

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Potsdam-Mittelmark: Regeln fürs Leben

In der Teltower Mühlendorf-Oberschule lernen Neuntklässler beim Straßenfußball andere Kulturen kennen

Von Eva Schmid

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Teltow - Siebte Stunde, 13.30 Uhr, die Konzentration der Schüler ist auf dem Tiefpunkt. Christof Kürschner betritt das Klassenzimmer, unter dem Arm hat er einen kleinen Fußball. Nein, der Leiter der Teltower Mühlendorf-Oberschule macht mit den Neuntklässlern keinen Sportunterricht. Er lehrt sie die Regeln des Straßenfußballs, es sind Regeln fürs Leben.

„Hier geht es nicht ums Bolzen, sondern um Kommunikation“, sagt Kürschner. „Fußball - Lernen - Global“ heißt das Wahlpflichtfach, das seit einem halben Jahr als deutschlandweites Pilotprojekt an der Teltower Oberschule unterrichtet wird. Das brandenburgische Schulamt hatte es genehmigt, nachdem Kürschner gemeinsam mit dem Verein „Kick Fair“ ein Schulrahmenplan dafür erstellt hat. Darin steht, dass das Fach helfe, soziale Kompetenzen zu vertiefen, dass Schüler dadurch lernen, Verantwortung zu übernehmen und Verständnis für andere Kulturen entwickeln. Auch Ausgrenzung, Mobbing und Vorurteile seien Thema beim Straßenfußball. Ab dem kommenden Schuljahr soll das Fach dann vollständig etabliert sein.

Schwingende Arme, balgende Jungs und kichernde Mädchen. Auf dem umgitterten Teltower Bolzplatz bereiten sich die 15 Schüler auf ihre Partie vor. „Die Jungstore zählen erst, wenn die Mädchen auch ein Tor geschossen haben“, ruft der 15-jährige Jonas Mascke in die Runde. Er legt mit den anderen die Regeln fest. Foulen, schlagen und Bein stellen seien auch verboten, ergänzt der 16-jährige Koray Dincer. Die beiden Jungs sind Teamer. So heißt das im Straßenfußball, sie sind Schiedsrichter. Statt abzupfeifen schauen sie genau hin: Am Ende der Partie werten sie aus, wie sehr sich die Gruppen an die selbst aufgestellten Regeln gehalten haben. „Hier geht’s nicht um Tore, sondern um ein faires Spiel“, sagt Jonas.

Zurück im Klassenraum laufen dort die Vorbereitungen für ein deutschlandweites Straßenfußballturnier, das in Teltow stattfinden soll. Parallel zur Fußballweltmeisterschaft in Brasilien sollen die Schüler dann kicken. Bevor es losgeht, muss dazu noch einiges vorbereitet werden: Wer spielt gegeneinander, wer will für welches Land kicken. Ganz nebenbei geht es auch um die politische und wirtschaftliche Situation in den Ländern, die in Brasilien antreten werden. Die wichtigste Lektion: Beim Straßenfußball sind alle gleich, betont Kürschner.

Das Besondere an dem Fach sind auch die Reisen: Acht Schüler aus Teltow fliegen im Herbst nach Santiago de Chile, um dort mit chilenischen Schülern gemeinsam ein weiteres Turnier vorzubereiten. „Die gemeinsame Organisation hilft dabei, dass man sich offen und interessiert begegnet“, so Kürschner. Dass das schon jetzt unter den Teltower Schülern funktioniert, zeigt sich auf dem Fußballplatz: Als ein Mädchen mit einem schnellen Schuss den Ball ins Tor kickt, ruft einer der Jungs ihr zu: „Ey, nicht schlecht – Gratulation.“ Eva Schmid

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