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DasWAR“S: Regenwürmer im Sportforum

DasWAR“S Warum Peter Könnicke letzten Sonntag Wahlsieger wurde Als ich letzten Sonntag nach Kleinmachnow unterwegs war, hatten die Wahllokale schon eine Stunde zu. Aus dem Autoradio sprudelten Zahlen und Prozente und vor der Ulanen-Kaserne in Potsdam holten zwei Männer Plakate von Wieland Niekisch von den Laternen.

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DasWAR“S Warum Peter Könnicke letzten Sonntag Wahlsieger wurde Als ich letzten Sonntag nach Kleinmachnow unterwegs war, hatten die Wahllokale schon eine Stunde zu. Aus dem Autoradio sprudelten Zahlen und Prozente und vor der Ulanen-Kaserne in Potsdam holten zwei Männer Plakate von Wieland Niekisch von den Laternen. Um halb acht sah es so aus, als wäre der CDU-Politiker nie dabei gewesen. Ich parkte vor „Schröder“s“ Kneipe, wo die Kleinmachnower SPD auf den Ausgang der Wahl wartete. Die Häppchen waren alle, die Rotweingläser halb voll und die Stimmung nervös. Jemand fragte, wie Hertha gegen Stuttgart gespielt hat. Niemand wusste es. Und ich merkte, dass ich keinen Cent dabei hatte. Ich fuhr ins Sportforum, wo Bürgermeister Blasig bedeutungsschwer eine Wand ansah, an der nach und nach die Kleinmachnower Wahlergebnisse erschienen. Stahnsdorfs Bürgermeister analysierte bereits, warum die CDU so schlecht war. Und eine Grüne schluchzte, der autofreie Tag gestern sei viel erfolgreicher gewesen als die Wahl heute. Ich hatte Durst. Ein FDP-Mann erzählte mir, dass es ihm beim autofreien Tag verboten wurde, Bobbycars zu verschenken, weil Parteien bei der Aktion generell unerwünscht waren. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Außerdem hatte ich jetzt richtig Brand. Zum Glück gesellte sich der Chef vom Heimatverein zu mir und wir begannen, uns gegenseitig über Hinz und Kunz auszuhorchen. Dann war das Bier des Heimatforschers alle und als er mich fragte, ob er mir eins mitbringen soll, hatte ich die Wahl: Ein Ende der Qualen oder Verpflichtungen, deren Ausmaß noch nicht zu erahnen waren? Muss ich jetzt Mitglied im Heimatverein werden? Sind heimatkundliche Führungen künftig Pflichttermine? Ich hörte mich „Nein danke“ sagen. „Auch eine Antwort“, meinte der Heimatvereinschef und ging zur Theke. Wenig später plauderte ich mit dem Chef der Wohnungsgesellschaft übers Joggen. „Kann ich Sie zu einer Apfelschorle einladen?“, fragte er plötzlich. Verflucht! Ich fühlte mich wie James Brolin, der in „Unternehmen Capricorn“ durch die Wüste gejagt wird und eine rohe Schlange isst, um zu überleben. Ich dachte an Regenwürmer. Ich konnte mir unmöglich vom obersten Wohnungsverwalter, der außerdem in der SPD ist, einen ausgeben lassen. Nicht mal einen Absacker mit der CDU hätte ich genommen. Die hätten „Absacker“ an diesem Abend vielleicht missverstanden. Ich war zu Großem bereit: Ich würde das journalistische Gebot der Unabhängigkeit nicht für ein Kindl hergeben. Ich war Wahlsieger.

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