Potsdam-Mittelmark: Rentnerdemo in Nuthetal
Senioren wollen umstrittenes, barrierefreies Wohnprojekt am Priesterberg durchsetzen
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Nuthetal - Senioren aus Bergholz-Rehbrücke werden am heutigen Freitagmorgen unter dem Motto „Wir sind keine Rowdies“ auf die Straße gehen und für den Bau einer barrierefreien Wohnanlage am Priesterberg demonstrieren. Die Pläne dafür gibt es bereits, sie sind aber umstritten. Investor ist die Kleinmachnower Gewog, die in vier Gebäuden am Rande des Wohngebiets Rehgraben über 60 barrierefreie Wohnungen bauen will. Eine Machbarkeitsstudie der Gesellschaft ist bei den Nuthetaler Gemeindevertretern zwar auf Wohlwollen gestoßen. Doch Nachbarn haben sich in einem offenen Brief ans Rathaus mit teils harschen Formulierungen darüber beschwert.
So fürchten sie, dass „Rentner, Kinder mit Fahrrädern, Frauen mit Kinderwagen, Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer etc.“ in Richtung Marktplatz über private Wege an ihren Häusern vorbeigehen werden. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Die Eigentümer dieser Reihenhäuser werden für den aufkommenden Schmutz, weggeworfenen Müll, den Winterdienst und Schäden durch Rowdytum aufkommen müssen.“
Bergholz-Rehbrückes Ortsvorsteherin Annerose Hamisch Fischer, die auch im Seniorenbeirat aktiv ist, ärgert sich besonders über das Wort „Rowdytum“ in dem Brief. „Rentner hinterlassen keinen Dreck“, so Hamisch-Fischer auf PNN-Anfrage. Vielmehr würden Bewohner auf der Brache derzeit ihre Gartenabfälle entsorgen. Im Seniorenbeirat sei der Brief ein Thema gewesen, auch in der Ortsgruppe der Volkssolidarität sei man empört. Hamisch-Fischer spricht von „Diskriminierung“. Unter dem Motto „Senioren sind keine Rowdies“ wurde deshalb mobil gemacht. Am heutigen Freitag um 10 Uhr will man sich bei Rewe treffen und und lautstark zum Baufeld marschieren, Hamisch-Fischer hofft auf wenigstens 20 Teilnehmer.
Die Anwohner plagen derweil noch andere Sorgen: Die geplanten Viergeschosser würden alles andere am Ortsrand weit überragen, den Reihenhäusern mit ihren Panoramaerkern einen „Riegel“ vorschieben. Die Zufahrt über den einspurigen Priesterweg sei schwierig, der schon hohe Grundwasserspiegel könnte sich ändern. Doch solche berechtigten Fragen ließen sich in einem Bebauungsplanverfahren klären, meint Hamisch-Fischer.
Ursprünglich sei auf der Fläche mal ein Tennisplatz geplant gewesen. „Das Pingpong wäre doch viel störender geworden als die jetzt geplante Wohnanlage“, so die Ortsvorsteherin. Der Bedarf an barrierefreien Wohnungen in der Gemeinde sei riesig. Zwei barrierefreie Gewog-Häuser mit knapp 60 Wohnungen, deren Bau in der Nähe gerade begonnen hat, wären stark nachgefragt. „Es gibt jetzt schon 170 Anmeldungen. Wo sollen denn die Leute hin, die dort keine Wohnung bekommen?“, fragt sich Hamisch-Fischer.
Der demografische Wandel sei im Ort bereits spürbar, 37 über 90-Jährige würden in Bergholz-Rehbrücke leben und in diesem Jahr die erste Hundertjährige. Viele Rentner würden mit kleinen Renten auskommen müssen. „Die brauchen bezahlbaren Wohnraum.“ Den könne man auf der Gemeindefläche am Priesterweg mit der Gewog bauen, an der neben Kleinmachnow auch Nuthetal beteiligt ist.
Nutehals Bauamtsleiter Rainer vom Lehn sieht es ähnlich. Dass es auch Proteste gibt, weil das Gemeindeland für 75 Euro pro Quadratmeter an die Gewog verkauft werden soll, insgesamt 6500 Quadratmeter, kann er nicht verstehen. „Da fehlt auch manchmal der Sachverstand“, so vom Lehn. Der Preis sei von einem öffentlich bestellten Gutachter ermittelt worden, für teils unerschlossenes Bauerwartungsland könne man den Bodenrichtwert von 130 Euro nicht ansetzen. Außerdem grenze das Grundstück an einer Seite an das Institut für Getreideverarbeitung, von wo es störenden Lärm und Licht gebe. Die Rentnerdemo zeige, dass der offene Brief auch an anderen Stellen übers Ziel hinausgeschossen sei.
Was die Sachfragen angeht, könnten sie in einem Bebauungsplanverfahren mit den Nachbarn geklärt werden, so vom Lehn gegenüber den PNN. Er glaube auch nicht, dass die Gebäude am Ende aussehen werden, wie es in den Visualisierungen der Machbarkeitsstudie steht.
nbsp;Henry Klix
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