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Potsdam-Mittelmark: Risikobetrieben geht“s an den Kragen

Ab Januar verschärfte Lebensmittelkontrollen im Landkreis / Hackfleisch häufiger Straftatbestand

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Potsdam-Mittelmark - Die Lebensmittelüberwachung von Potsdam-Mittelmark wird Risikobetriebe künftig verstärkt kontrollieren. Damit würden ab 1. Januar neue EU-Verordnungen umgesetzt, sagte die Leiterin der Lebensmittelüberwachung Dr. Gerit Seifert gegenüber den PNN. „Wir sagen jetzt nicht mehr, dass zum Beispiel eine Fleischerei unbedingt viermal im Jahr kontrolliert werden muss.“ Vielmehr würden einmal auffällig gewordene Unternehmen stärker unter die Lupe genommen, während man vorbildlich arbeitenden Betrieben mehr Vertrauen entgegen bringen will.

„Wer ein funktionierendes Risikomanagement nachweisen kann, muss künftig nicht mehr so oft mit dem Besuch der Kontrolleure rechnen“, sagte Seifert. Eine der Fragestellungen bei der Risikoeinschätzung könnte zum Beispiel sein, ob es bei der Verarbeitung und Kühlung von Fleisch auch Temperaturmessungen gibt, die belegen, dass die zugeführte Hitze oder Kühlung beim Produkt ankommt. Maßgeblich sei bei der Risikoeinschätzung auch, ob ein System der Selbstkontrolle und Nachweisführung besteht.

Das dreizehnköpfige Team der Lebensmittelüberwachung hat im Landkreis insgesamt 2500 Betriebe zu kontrollieren - vom Konditor bis zum Dönerimbiss, vom Restauranttisch bis zum Discounter. In der letzten Legislaturperiode sei die Lebensmittelüberwachung zunehmend auch für die Erzeugerstufe, also den Landwirt, zuständig geworden. Seit Anfang des Jahres ist Seiferts Team so auch für die Kontrolle der Stallhaltung zuständig, vorher setzten die Kontrollen erst bei der Milchgewinnung ein. Seifert: „Für den Verbraucherschutz ist das ein Gewinn.“ Wichtig sei jetzt aber, dass der Personalbestand im Zuge der Haushaltsdebatten im Landkreis, wenn schon nicht erhöht, wenigstens nicht reduziert werde.

Zwar wurde in diesem Jahr im Zuge des Fleischskandals kein Gammelfleisch aus Potsdam-Mittelmark gemeldet. Allerdings hatte der Landkreis schon im vorigen Jahr für Schlagzeilen mit dem Güterfelder Fleisch- und Wurstlieferant Mac Snack gesorgt. Das Verfahren gegen die Firma war im August eingestellt worden (PNN berichteten). Fakt bleibt, dass die untersuchten Proben vor Ablauf der Mindesthaltbarkeit verdorben oder wertgemindert waren. Es ließ sich aber nicht beweisen, dass dies schon bei der Auslieferung der Fall war. Auch der damalige Chef der mittelmärkischen Lebensmittelkontrolle geriet damals in Betrugsverdacht, laut Seifert wurde er rehabilitiert. Er ging voriges Jahr in Pension, Seifert rückte nach.

Fälle wie Mac Snack bilden im Alltag der Kontrolleure die Ausnahme, so Seifert. Falsche Angaben auf dem Etikett oder fehlende Kenntlichmachung von Zusatzstoffen seien Beanstandungsursache Nummer Eins. Die Unternehmen wären oft nicht im Bild über aktuelle EU-Vorschriften, wie die seit 25. November geltende Kennzeichnungspflicht für allergene Zusatzstoffe. Etwa 800 Lebensmittelproben werden routinemäßig im Landkreis pro Jahr gezogen und an das Landeslabor in Frankfurt (Oder) weitergereicht. Verdorbene Lebensmittel wären dabei selten. Allerdings gibt es auch keine Kühlhäuser im Landkreis, in denen große Fleischmengen zur weiteren Verarbeitung gelagert werden.

Die Kontrolleure dürfen Bußgelder bis 20 000 Euro aussprechen. Die Beanstandungen würden sich aber eher im dreistelligen Bereich bewegen, etwa wenn räumliche und hygienische Mängel bestehen. An den Staatsanwalt werden laut Seifert durchschnittlich 15 Fälle pro Jahr überwiesen. „Manchmal lassen sich die Vorwürfe aber nicht soweit erhärten, dass es zur Verhandlung kommt.“ Die Verfahren würden dann gegen Zahlung von Geldbußen eingestellt.

Ein häufiger Straftatbestand im Landkreis ist Hackfleisch, das nicht am Tag der Herstellung verkauft wird, so die Sachgebietsleiterin der Lebensmittelüberwachung. „Wenn wir tiefgefrorenes Hackfleisch in der Fleischerei entdecken, werden wir sofort aktiv.“ Auch Dönerfleisch, in dem zu viel Hackfleisch oder Geflügel verarbeitet wurde, komme öfter vor. Im klassischen Döner Kebap dürfte nur 60 Prozent Hackfleisch und ausschließlich Rind und Schaf verarbeitet werden. „Wohl deshalb wird jetzt auch häufig Geflügeldöner angeboten.“

Laut Seifert ist die Lebensmittelkontrolle im Landkreis in guten Händen. Befürchtungen aus den Reihen der Bündnisgrünen, dass die Landkreise zur Stärkung ihrer Firmen bewusst die Zügel lockern würden, seien aus mittelmärkischer Sicht nicht nachvollziehbar. Die Nähe zu den Betrieben habe vielmehr auch positive Effekte. „Wir sind ja nicht nur als Kontrolleure tätig, sondern wollen auch fachlich unterstützen, um kleine und mittelständische Betriebe zu stärken.“ Erstmals fand in diesem Jahr ein Tag der Offenen Tür bei der Lebensmittelkontrolle in Belzig statt - die erfolgreiche Veranstaltung soll es auch nächstes Jahr geben.

Fraglich erscheint für Seifert allerdings, ob das föderale System den Verbraucherschutz stärkt? Die EU-Vorgaben würden auf Landesebene unterschiedlich interpretiert, „einheitliche Standards bei der Lebensmittelüberwachung wären natürlich hilfreich“. Auch für die Wirtschaft wäre es einfacher, wenn man sich auf Bundesebene in Detailfragen einig wäre.

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