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Wie trainiert wird, zeigte Karin Walz mit der Trakehner-Stute Kyra.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Ross trainiert Boss

Manager sollen in Kemnitzer Gestüt ihre Führungsqualitäten trainieren

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Werder (Havel) - Einfühlungsvermögen statt Sturheit beim einen, Durchsetzungsfähigkeit statt ständiger Nachsicht beim anderen: Wenn der Chef plötzlich wie ausgewechselt ist, hat er seine Führungsqualitäten vielleicht am Pferd trainiert. Im Kemnitzer Gestüt Bonhomme können sich Manager, Geschäftsführer und Teamleiter jetzt bei einem zweitägigen Seminars als „Pferdeflüsterer“ probieren. Damit sollen sie für den Umgang mit Untergebenen fit gemacht werden. „Ross trainiert Boss“ heißt die Idee von Karin Walz und Gabriela Dannenberg.

„Wenn es im Team nicht läuft, dann liegt die Ursache in 80 Prozent der Fälle beim Chef“, sagt Dannenberg, die als Unternehmensberaterin in Amerika und Europa arbeitet. Ihre Grundregel: Je überraschender ein Erlebnis, um so nachhaltiger der Lernerfolg. Die Führung von Mitarbeitern werde nicht unterrichtet, weder in Ausbildungsberufen noch beim BWL-Studium, sagt Dannenberg. Oft würde ein Angestellter plötzlich aufsteigen ohne zu wissen, wie man als Chef agiert. Zwar gebe es Workshops, in denen Führungsqualitäten trainiert werden, doch sei die Arbeit mit Pferden viel authentischer. „Die Tiere lassen sich nicht von einem Titel oder einem Porsche beeindrucken“; bringt Karin Walz es auf einen Nenner.

Seit mehreren Jahren bietet sie diese Art von Persönlichkeitstraining in Süddeutschland und der Schweiz an. Dabei müssen die Seminarteilnehmer versuchen, den Respekt und das Vertrauen der Tiere zu gewinnen. Walz spricht von natürlicher Autorität, die hier entwickelt werden soll. Zuerst am Strick und dann völlig selbstständig sollen die Pferde den Menschen durch einen Parcours folgen. Mit der Trakehner-Stute Kyra zeigt Karin Walz worum es geht: Langsam stapft sie durch den Sand in der Reithalle, das Tier trottet hinterher. Dass Kyra ihren Kopf hängen lässt sei kein Zeichen von Desinteresse, sondern signalisiere völlige Entspannung, erklärt sie. Das Pferd hat Vertrauen gefasst. Plötzlich dreht sich Walz um und fast im gleichen Moment bleibt auch Kyra stehen – ohne zu erschrecken oder zu protestieren. Walz hebt die Hand und schiebt die Stute allein mit der Geste ein Stück zurück, um den Abstand zu vergrößern.

Gerade Frauen in Führungspositionen hätten mit diesem symbolträchtigen Akt im wahren Leben Probleme, erzählt Karin Walz. Während eine Chefin mitunter zu viel Nähe zulassen würde, sei es bei männlichen Kollege eher die Neigung, die völlige Kontrolle zu übernehmen, die das Betriebsklima ins Wanken bringt. „Natürlich kann ich meine Mitarbeiter auch mit Druck führen“, räumt Gabriela Dannenberg ein, „aber sobald ich dann nicht da bin, werden sie die Arbeit schleifen lassen.“ Im Rahmen des Seminars sollen die Teilnehmer selbst ihre Schwächen entdecken. Das wird gefördert, indem Videos aufgezeichnet und im Anschluss ausgewertet werden. Viele würden auf diesem Wege entdecken, dass sie zwar klare Anweisungen geben, ihre Körperhaltung aber etwas völlig anderes sagt. Der „Co-Trainer“ Pferd legt dann den Finger in die Wunde.

Die drei Pferde, mit denen hier trainiert werden soll, seien die gutmütigsten im ganzen Gestüt, sagt dessen Leiterin Rebecca Gutmann. Sie könne sich auch andere Bereiche vorstellen, in denen die Tiere eingesetzt werden, zum Beispiel für therapeutisches Reiten. Gutmann ist bestrebt, das Gestüt Bonhomme, welches vor vier Jahren am Fuchsberg zwischen Kemniz und Phöben eröffnet worden ist, für die breite Masse interessant zu machen. So sollen hier im kommenden Jahr drei internationale Turniere stattfinden, unter anderem im Dressurreiten. Im Mai dieses Jahres hat zudem das angegliederte Hotel seinen Betrieb aufgenommen. In 16 individuell gestalteten Einzel- und Doppelzimmern sollen nicht nur Pferdefreunde Urlaub machen, sondern auch Touristen, die im Werderaner Umland Ruhe und Entspannung suchen.

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