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Kompetent nicht nur in Rübchen-Fragen: Jubiliar Günter Duwe.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Rübchenkönig für Verdienste um die Stadt geehrt

Der Teltower Heimatforscher Günter Duwe wird 85 und trägt sich ins Goldene Buch ein

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Teltow - Die Gratulanten hatten am Mittwochmorgen doppelt zu tun: Günter Duwe feierte nicht nur seinen 85. Geburtstag, auf Einladung des Bürgermeisters durfte er sich außerdem ins Goldene Buch der Stadt Teltow eingetragen. Mit dieser Geste wolle man die kulturhistorischen Leistungen Duwes würdigen, sagte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD).

Die Zusammenarbeit mit Günter Duwe sei stets ein Gewinn für die Stadt: „Er hat ein waches Auge, wenn es um das Bewahren der Teltower Stadtgeschichte geht, mein Leben wurde durch die Bekanntschaft mit ihm sehr bereichert“, so Schmidt. Duwe erwiderte das Kompliment mit einem Vertrauensbeweis: „Jetzt habe ich unterschrieben, ohne den Text vorher zu lesen“, lachte er.

Der gelernte Chemie-Ingenieur Günter Duwe lebt seit 1954 in Teltow, 40 Jahre lehrte er dort am Institut für Polymerchemie der Akademie der Wissenschaften. Bekannt wurde er mit seinem Buch über eine regionale Spezialität: das Teltower Rübchen. Schon ein paar Jahre zuvor, 1998 nämlich, hatte Duwe gemeinsam mit einer Handvoll Liebhaber des mild-scharfen Gemüses den „Förderverein Teltower Rübchen e.V.“ gegründet. Seitdem ist die Rübe deutschlandweit zum Feinschmeckergemüse geworden.

Der Name ist rechtlich geschützt, nur Knollen aus der Region dürfen sich Teltower Rübchen nennen. Die Geschichte der kleinen Rübe reicht aber viel weiter zurück, bereits unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. (1620-1688) wurde sie hier flächendeckend angebaut und nach ganz Europa exportiert. Am französischen Hof galten die „navets de Teltow“, wie die Pflanze in Frankreich heißt, als Delikatesse. Auch Johann Wolfgang von Goethe war angeblich begeistert vom Geschmack der kleinen Knollen.

So viel historisches Wissen brachte dem Heimatforscher 2000 den Titel „Rübchenkönig“ ein. Dabei liegt Duwes Hauptinteresse eigentlich auf der Stadt- und nicht auf der Pflanzengeschichte. Er gilt als Spiritus Rector des 1990 gegründeten Teltower Heimatvereins, bis heute schreibt er immer wieder zu historischen Themen. Eine seiner Leistungen ist etwa die „Wiederentdeckung“ des Berliner Bankiers Paul Mamroth, der zwischen 1904 und 1938 in Teltow lebte.

Derzeit forscht der 85-Jährige zum jüdischen Leben in Teltow zwischen 1814 und 1933. Mit dem Konzept der „Arbeitsgruppe Stolpersteine“, das demnächst in Teltow umgesetzt werden soll, ist er jedoch nicht hundertprozentig einverstanden. „Geschichte muss vor allem von den jungen Menschen weitergegeben werden, meine Generation ist oft noch zu nah dran.“ Gleichzeitig mahnt er aber auch: Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnere, sei dazu verdammt, sie noch einmal zu erleben.

Duwes Frau Waltraud hatte nach dem Zweiten Weltkrieg eine eigene Idee, wie das gelingen könnte: Aus einer alten Hakenkreuzfahne nähte sie ein blumenbesticktes Kleid. „Es gab einfach kaum noch Stoffe zum Schneidern“, erklärt sie heute.

Dass aus der Geschichte gute Ideen für die Zukunft entstehen können, bewies auch Günter Duwe am Mittwoch mit dem Vorschlag, das dringend sanierungsbedürftige Freibad Kiebitzberge über Bürgeraktien zu finanzieren. „Etwas Ähnliches hat schon 1896 funktioniert, als das neue Damenbad am Teltower See eingeweiht wurde“, sagt Duwe. Über einen einzigen Anrechtsschein hätten sich die Besucher damals quasi lebenslanges Baderecht sichern können. Der Gedanke sei nicht schlecht, meinte auch Schmidt – selbst wenn manche Aktien gelegentlich baden gingen. Ariane Lemme

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