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Potsdam-Mittelmark: Rückendeckung aus der Gemeindevertretung

Bei Nachveranlagung von Kanalbeiträgen im Mittelgraben-Verband soll es keine Zwangsvollstreckung geben

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Michendorf - So voll wie am Montagabend sind die Besucherbänke bei der Gemeindevertretersitzung in Michendorf nicht oft. Kein Wunder, werden doch zurzeit Tausende Bürger für Vorgänge zur Kasse gebeten, die teilweise über 20 Jahre zurückliegen. Es geht um den Anschluss ans Abwassernetz, für den in den 1990er- und 2000er-Jahren angeblich zu wenig gezahlt wurde. 3500 Kunden des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Mittelgraben sind deshalb dieser Tage erneut Beitragsbescheide ins Haus geflattert, es geht meist um vierstellige, bisweilen auch fünfstellige Nachzahlbeträge.

Das Thema stand am Montag auf der Tagesordnung. Die Gemeindevertreter entschieden, keine Mahn- und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Betroffene durchzuführen. In der Verbandsversammlung sollen entsprechende Beschlüsse durchgesetzt werden. Außerdem will die Gemeinde Musterverfahren finanzieren, um die Rechtmäßigkeit der Forderung zu prüfen. Dass die Geldeintreiberei vom Vertrauensschutz gedeckt ist, glaubt niemand in der Gemeindevertretung, selbst Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) – auch Vorsteher des Mittelgraben-Verbandes – hat Zweifel.

Warum dann das Ganze? Nach den Nachwendewirren, so argumentiert der Betriebsführer, sei erst zum 1. Januar 2011 eine wirksame Beitragssatzung im Mittelgraben-Verband zustande gekommen, vorherige Satzungen wurden im August per Beschluss des Oberverwaltungsgerichts hinfällig. Darin galt eine unrechtmäßige Tiefenbegrenzung und es wurde nicht wie vorgeschrieben die mögliche, sondern die vorhandene Bebauung für den Kanalanschluss veranlagt.

Rechtlich besonders prekär: Im Sinne des Rechtsfriedens gilt an sich eine vierjährige Verjährungsfrist für Verwaltungsvorgänge. In Brandenburg wurde 2004 im Kommunalabgabengesetz eingefügt, dass sie nicht mit der bezahlten Beitragsrechnung beginnt, sondern erst, wenn eine wirksame Satzung besteht. Auch wenn dem gesunden Rechtsempfinden vieler Bürger widerspricht – der Mittelgraben-Verband muss sich daran halten.

Auch Michendorf selbst muss für Gemeindegrundstücke nachzahlen. Derzeit bestünden Forderungen über 330 000 Euro, wie es am Montagabend hieß. Bürgern wird empfohlen, die Forderungen zu begleichen und Widerspruch einzulegen. Zeigt sich, dass die Zweit-Bescheide unrechtmäßig waren, bekommen sie ihr Geld zurück. Ein SPD-Antrag, bis dahin auch drohende Zinsen für Säumige auszusetzen, fand keine Mehrheit. hkx

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