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Potsdam-Mittelmark: Ruhige Hand und gutes Auge

Plan für neue Schießhalle der Schützengilde sorgt in Werder für Diskussionen

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Werder (Havel) - Die Schützengilde zu Werder hat sich im Moment einiges anzuhören: Mit 115 Mitgliedern ist sie der größte Schützenverein im Landkreis, 14 Mitglieder sind unter 22 Jahre alt. Das Projekt, die zu klein gewordene Luftgewehr-Schießanlage von drei auf zwölf Bahnen zu erweitern, auch um die Jugendarbeit auszubauen, hat in dieser Woche für Diskussionen gesorgt. Das Rathaus will das Vorhaben mit 50 000 Euro aus dem Konjunkturpaket II bezuschussen, doch die Verwaltungsvorlage sorgte für Unmutsbekundungen unter Stadtverordneten. Hintergrund der Debatte: der Amoklauf in Winnenden.

„Solche Vorkommnisse haben ihren Hintergrund in Schießvereinen“, sagte der Stadtverordnete Lothar Boreck (CDU) am Mittwochabend im Bauausschuss. „Was nutzt uns die beste Jugendarbeit, wenn wir unsere Kinder zum Schießen ranziehen.“ Boreck – seines Zeichens Stadtwehrführer von Werders Feuerwehr – sprach sich dafür aus, das Geld besser Jugendprojekten der Feuerwehr zukommen zu lassen, die Anträge dazu würden dem Rathaus vorliegen. Auch der SPD-Stadtverordnete Joachim Lindicke wandte sich gegen die Förderung: „Das Ergebnis haben wir ja in anderen Städten gesehen.“ Schon im Sozialausschuss wurde am Dienstag gefragt, ob es der richtige Zeitpunkt für eine solche Investition ist?

Gestern nun meldete sich der Präsident der Werderaner Schützengilde, Werner Kautschor, zu Wort. Er äußerte sein Verständnis für die Kritik, warnte aber davor, die Hallenschießanlage zur Disposition zu stellen. „Die Amokläufe in Winnenden und auch damals in Erfurt haben uns im Verein natürlich auch sehr beschäftigt“, so Kautschor gegenüber den PNN. Der 17-jährige Tim K. hatte in Winnenden 15 Menschen mit einer Pistole seines Vaters erschossen, die dieser unverschlossen in der Wohnung verwahrte. Kautschor befürwortet deshalb scharfe Kontrollen zur Einhaltung des Waffengesetzes. „Die gibt es ja auch für betrunkene Autofahrer. Wer seine Waffen nicht ordnungsgemäß in verschlossenen Stahlschränken lagert, dem sollte sofort der Waffenschein entzogen werden.“

Die Erweiterung der Luftgewehrschießanlage will er sich derweil nicht ausreden lassen. „Sie ist ja gerade Teil des Gedankens, sich mehr dem sportlichen Aspekt des Schießens zuzuwenden.“ Der Verein habe neben den drei Luftgewehrbahnen derzeit sechs Schießbahnen für Groß- und Kleinkaliber, das Interesse an Luftdruckwaffen sei aber viel größer. „Sie sind günstiger und ungefährlicher zu handhaben.“ Werders Luftgewehrschützen nehmen auf Landesebene eine Spitzenposition ein, holten bei der Landesmeisterschaft zweimal Gold und können auch bei Jugendmeisterschaften punkten.

Wie andere Sportarten wirke auch das Schießen charakterbildend auf Jugendliche, fördere Selbstbewusstsein, Toleranz und Teamgeist, „die ruhige Hand und das gute Auge“, so Kautschor. Viele Eltern seien dankbar für diese Effekte, die sich bei aggressiven Computerspielen nicht einstellen würden. „Und unsere Trainer thematisieren ja auch den verantwortungsvollen Umgang mit Waffen.“

Trotz der kritischen Wortmeldungen – eine Mehrheit der Stadtverordneten teilt diese Position Kautschors. Die Projektliste für das Konjunkturpaket wurde gestern Abend in der Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich befürwortet – auch die neuen Bahnen für die Hallenschießanlage. Acht Gegenstimmen kamen aus den Fraktionen von SPD/Grüne und Linke. Henry Klix

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