Potsdam-Mittelmark: Saarmunder Gasthaus steht zum Verkauf „Zur Stadt Leipzig“ hat eine lange Geschichte – und eine lange Prozessakte
Nuthetal - Nach jahrelangem Rechtsstreit um die Rückübertragung des Gasthauses „Zur Stadt Leipzig“ in zentraler Lage von Saarmund ist ein entscheidender Fortschritt erzielt worden. Nach der im September 2005 vom Bundesverwaltungsgericht angeordneten Restitution – 17 Jahre nach der Antragstellung – kann der Verkauf des unter Denkmalschutz stehenden Hauses nun endgültig vollzogen werden, weil der letzte Mieter in diesem Monat auszieht.
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Nuthetal - Nach jahrelangem Rechtsstreit um die Rückübertragung des Gasthauses „Zur Stadt Leipzig“ in zentraler Lage von Saarmund ist ein entscheidender Fortschritt erzielt worden. Nach der im September 2005 vom Bundesverwaltungsgericht angeordneten Restitution – 17 Jahre nach der Antragstellung – kann der Verkauf des unter Denkmalschutz stehenden Hauses nun endgültig vollzogen werden, weil der letzte Mieter in diesem Monat auszieht. Neuer Besitzer wird die Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft TAMAX. „Wohnen, Gewerbe, Bürobetrieb oder auf der Tradition aufbauend könnten wir uns auch Hotel- oder Gaststättenbetrieb vorstellen“, so Geschäftsführer Dietrich Tank gegenüber den PNN. Es gäbe bereits erste Gespräche mit Interessenten.
Der Rückübertragung des Hauses an Erbin Gerda Bernau, deren Familie das Gasthaus über drei Generationen betrieb, ging der Gang durch zahlreiche Gerichtsinstanzen voraus. Die ehemaligen Bewohner, die Eheleute Poredda, hatten gegen die Restitution wiederholt Beschwerde eingelegt, die schließlich in Leipzig vor zwei Jahren in letzter Instanz abgewiesen worden ist.
Die komplizierte Konstellation des Immobilienbesitzes und die Flut von Rückübertragungsanträgen gerade im Landkreis Potsdam-Mittelmark machten das Verfahren so langwierig und kompliziert.
Nachdem Gerda und Gerhard Bernau im Mai 1961 die Republik verlassen hatten, waren Haus und Grundstück staatlich verwaltet und Ende 1970 in Volkseigentum überführt worden. Von der einstigen Saarmunder Bürgermeisterin Bärbel Dunker ist die Immobilie als Einfamilienhaus den Poreddas verkauft worden. 1989 erhielt das Ehepaar die Baugenehmigung für den Umbau des Saales zu einer Wohnung. Erst im Laufe des Restitutionsverfahrens wurde die Frage der Rückübertragung mit dem urspünglichen Nutzungszweck der Immobilie als Gasthaus verbunden.
Erbin Gerda Bernau möchte nun das Thema endlich beenden, Haus wie Grundstück in neuer Verwendung wissen. Im vergangenen Jahr besuchte sie Saarmund und machte sich ein Bild vom Zustand des Gebäudes. „Es tut mir so weh, das Haus verfallen zu sehen“, sagte sie gegenüber den PNN.
Mit Zugang von der Hofseite ist ein erst aus dem 19. Jahrhundert stammender Keller mit so genannter „Preußischer Kappendecke“ zu erreichen. Unter dem Vorderhaus liegen zwei mit „flachbogigem Zugang“ und „abgetreppten Bögen“ verbundene Kellerräume. Die Wände aus Feld- und Backsteinen, die ein rundbogiges Tonnengewölbe darstellen, stammen aus dem 17. Jahrhundert, vermuten Denkmalschützer und bezeichnen die Bauweise für Kellerbauten in der Mark als ungewöhnlich aufwändig. Dies könnte ein Beweis für die besondere Bedeutung Saarmunds in der Vergangenheit sein. So stehen aus diesen Gründen die Kellergewölbe seit 1996 unter Denkmalschutz.
Der Gasthausstandort scheint eine alte Tradition zu haben. Es könnte sich um eine der bereits 1375 vorhandenen Krüge-, Brau- und Schankstätten bzw. eine 1801 erwähnte Gastwirtschaft handeln. Der Gebäudekern stammt frühestens aus dem 18. Jahrhundert. Vermutlich auch durch die verheerenden Brände von 1824 und 1840 verursacht, denen ein Großteil Saarmunds zum Opfer fiel, wurden mehrfach Umbauten vorgenommen. Dank der Stabilität der Kellergewölbe waren sie sicher immer wieder als Fundament für den nächsten Bau genutzt worden. Bedeutende Veränderungen nahm man im 19. und 20. Jahrhundert vor, wie den Anbau von Saal und Kegelbahn.
1217 wurde „Sarmunt“ erstmals erwähnt. Die besondere Lage an der Handelsstraße zwischen Berlin und Leipzig und die vorhandene Nuthequerung begünstigten eine stabile Entwicklung des Ortes. Der Name des Gasthauses verweist offenbar auf diesen ehemals wichtigen Handelsweg. Hier wurden Pferde umgespannt, Reisende ruhten sich aus. Nahe liegend, dass die Gewölbe unter dem als Gasthaus genutzten Gebäude als Braustätte dienten. Der reine Familienbetrieb lebte vom Fremdenverkehr. Berliner kamen zum nahe gelegenen Segelflugplatz und logierten gern im Gasthaus, das deshalb wohl auch 1936 für sieben Gästezimmer aufgestockt wurde.
Den Krieg hat das Gasthaus, abgesehen von Versorgungsengpässen, gut überstanden. 1956 wurde das Gasthaus von der Konsum-Genossenschaft der DDR übernommen. Die Wirtsleute Gerda und Gerhard Bernau führten das Haus trotzdem noch bis 1958, dann stellte der Konsum einen neuen Wirt ein. Nach häufigem Wechsel der Wirte wurde es, vermutlich wegen baulicher Probleme, 1983 oder 1984 geschlossen und verfiel. Ute Kaupke
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