Potsdam-Mittelmark: Scharmützel im Wald
Das Gerangel um die Zukunft innerörtlichen Baumbestandes dominiert derzeit Stahnsdorfs Politikalltag
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Stahnsdorf - Anträge, Beschwerden, Rügen. Das Gerangel um die Zukunft innerörtlicher Waldstücke in Stahnsdorf dominiert derzeit den politischen Alltag im Ort. In der jüngsten Sitzung des Ortsparlamentes waren sich die Volksvertreter zwar einig, dass der Beethovenwald komplett erhalten bleiben soll. Zum Wäldchen an der Annastraße indes wollte sich die Mehrheit der Abgeordneten noch nicht positionieren.
Außer die Sozialdemokraten. Sie schlugen vor, gleichzeitig mit dem Beschluss zum Beethovenwald auch drei in unmittelbarer Nähe liegende Flurstücke unter Schutz zu stellen sowie auch den Erhalt des Annastraßenwaldes zu befürworten. Das Nachbeben, das diese beiden Anträge auslöste, ist durchaus ein Vorbote des anstehenden Wahlkampfes, auch wenn Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) dies zumindest für sein Handeln nicht gelten lassen will. Er wirft der SPD-Fraktion vor, dass sie mit ihren zusätzlichen Anträgen gegen die Kommunalverfassung und die Gemeindeordnung verstoßen habe. Denn die dafür notwendige Dringlichkeit habe nicht bestanden. Bereits in der Sitzung habe Enser seine rechtlichen Bedenken kundgetan und zu einer Auszeit geraten. Die Denkpause konnte die SPD nicht umstimmen – sie brachte ihre Anträge ein und bestand auf deren Abstimmung. Ergebnis: Beide Vorlagen wurden abgelehnt. Enser hält das Verhalten der SPD trotz seiner Warnung vor möglichen Rechtsverstößen für nicht akzeptabel. Von einer zunächst angekündigten Beschwerde bei der Kommunalaufsicht sieht er inzwischen jedoch ab, da die Anträge letztlich ohnehin gescheitert waren.
„Die widerrechtlichen Zusatzanträge wurden abgeschmettert“, schrieb ein paar Tage später der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Michael Burhenne (CDU), in einer öffentlichen Erklärung. Mit seiner Wortwahl erzürnt er SPD-Ortschef Heinrich Plückelmann: „Damit verletzt er seine Neutralitätspflicht.“ Es sei zudem eine „ausschließlich politisch motivierte Wertung“, wenn der Ortsparlamentschef die Anträge als „widerrechtlich“ bezeichnet. Für jeden Stahnsdorfer sei offenkundig, dass der Änderungsantrag in einem engen, unmittelbaren Zusammenhang zum Originalantrag stehe und somit zulässig gewesen sei, so Plückelmann. Zudem fragt er, worauf sich Burhennes öffentlich vorgenommene Bewertung stütze: „Gibt es eine rechtliche Stellungnahme der Gemeindeverwaltung, des Anwaltsbüros der Gemeinde, der Kommunalaufsicht oder ist sie das Ergebnis eines Selbststudiums?“
Burhenne beruft sich nachträglich auf die brandenburgische Gemeindeordnung. Danach sind Zusatzanträge nur erlaubt , „wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die keinen Aufschub duldet“. Dass er auf dieser Grundlage die Anträge nicht zurückgewiesen habe, sei sein Versäumnis, so Burhenne. Doch sei der Fehler durch die mehrheitliche Ablehnung der SPD-Anträge geheilt wurden.
Auch Bürgermeister Enser beruft sich bei seiner Wertung auf klare Regelungen und Vorschriften. Es sei nicht seine Aufgabe zu rügen, doch er sei als Bürgermeister „nicht bereit, Rechtsverstöße hinzunehmen“. Wenn ein gestandener Gemeindevertreter wie SPD-Fraktionschef Dietmar Otto, der zudem als Jurist in der Staatskanzlei der Landesregierung arbeitet, sich „so locker über die Kommunalverfassung hinwegsetzt, ist das schlichtweg Populismus“, schimpft Enser. Daher sei seine Ankündigung, die Kommunalaufsicht einzuschalten, ein Fingerzeig, dass er Rechtsverstöße nicht dulde.
Otto indes hätte den prüfenden Blick der Kommunalaufseher nicht gescheut. Mehr noch: „Ich fühle mich eingeladen, die Anträge noch einmal zu stellen.“ Denn wenn sie nicht wegen formalrechtlicher Bedenken abgelehnt worden sind, stünde bei fristgemäßer Antragstellung ausschließlich eine inhaltliche Bewertung zur Debatte. Dann werde sich zeigen, wie das politische Votum zum Wald an der Annastraße ausfällt: Komplett-Erhalt, wie die SPD ihn will, oder Randbebauung, wie es die CDU favorisiert. Dann wird es für die interessierten Stahnsdorfer konkret. Peter Könnicke
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