
© Dieter Herrmann
KulTOUR: Schauspiel auf der Kleinen Bühne
Nach großen Erfolgen mit Komödien soll es in Michendorf jetzt auch ernsteres Theater geben
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Michendorf – Geht Schauspiel in Michendorf? Siegfried Patzer, Leiter der Kleinen Bühne im Volkshaus Michendorf, ist selbst gespannt. Er sitzt in der ersten Reihe und blickt auf das von ihm gebaute Bühnenbild, dessen Holzwände sich alle herunterklappen lassen. Komödie, das hat sich in den vergangenen beiden Jahren gezeigt, Komödie geht immer. 34-mal war „Otello darf nicht platzen“ im vergangenen Jahr ausverkauft, ein sensationeller Erfolg. Aber geht auch ernsteres Theater?
Spätestens am 25. April weiß Siegfried Patzer mehr: Dann hat „Von Mäusen und Menschen“ Premiere. Das sozialkritische Stück aus dem Amerika der 1930er Jahre zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise erzählt die Geschichte von zwei Wanderarbeitern, dem geistig zurückgebliebenen, ungeschickt-kräftigen Lennie und dem smarten George, die trotz ihrer Unterschiedlichkeiten gemeinsam von Farm zu Farm ziehen. Die Suche nach dem Glück im amerikanischen Traum treibt nicht nur die beiden, sondern auch die anderen Menschen auf der Farm.
Siegfried Patzer wundert es nicht, dass der Roman des amerikanischen Schriftstellers John Steinbeck derzeit eine Renaissance erlebt, hält er die Zeiten doch für vergleichbar. Eine Inszenierung hat er kürzlich in Augsburg gesehen – und, mit dem Ensemble der Kleinen Bühne insgesamt zu achtzehnt, im Hans Otto Theater. Zugesagt hat Patzer, der in den 1980ern das „Theater am Kreuzberg“ in Berlin, eine der damals zahlreichen Off-Spielstätten leitete, die Potsdamer Aufführung nicht. Zu stark verfremdet sei sie, die Personen kommen für ihn nicht zur Geltung. Patzer will sich stärker an das Original halten. Dreimal pro Woche wird geprobt, 15 Vorstellungen sind geplant, im Erfolgsfall sollen es mehr werden. In der Regel spielen ein bis zwei Profis und ein Stammensemble aus zehn bis 15 Amateuren mit. Als Amateure versteht Patzer jene, die über etwas Schauspiel- oder Stimmausbildung verfügen, damit aber nicht ihren Lebensunterhalt verdienen.
Mit dem ersten Schauspiel in Michendorf einher geht eine weitere Veränderung. Seit diesem Jahr gehört die Kleine Bühne nicht mehr dem Kulturbund an, sondern ist „Freies Theater“ und keine Sektion. Es schmerze natürlich, zwei wertvolle Mitarbeiter zu verlieren, deutet Patzer an, dass es Verstimmungen gab. Der Schauspieler Klaus-Dieter Becker und Erika Gauner-Becker, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit gekümmert hat, sind nicht mehr dabei. Gegründet wurde stattdessen ein Trägerverein für das Theater, der auch Fördermittel einwerben kann und noch der Eintragung harrt. Unterstützung kommt auch weiterhin vom Verein „Bühnenfreunde“.
Neben der Entscheidung für ein Schauspiel soll es künftig weniger solche Gastspiele geben, die im Vorjahr beim Publikum ein unterschiedlich großes Interesse hervorriefen. Aus den Veranstaltungen im Februar ragt indes die szenische Lesung von Leslie Malton und Felix von Manteuffel am Sonntag, dem 24. Februar, heraus. Das bekannte Schauspielerehepaar liest in dem 75 Plätze fassenden Theater aus dem Briefwechsel zwischen Anton Tschechow und Olga Knipper. Für Siegfried Patzer ist es zugleich ein Wiedersehen mit Leslie Malton, die auch am Theater am Kreuzberg erste Bühnenerfahrungen sammelte und später viele Jahre am Wiener Burgtheater spielte.
Natürlich kommen auch die Freunde der Komödie wieder auf ihre Kosten: Nach der Sommerpause inszeniert Gastregisseurin Marina Erdmann den „Altweiberfrühling“. Das Stück ist angelehnt an den Film „Herbstzeitlose“, in dem vier ältere Frauen in einem Dorf eine Dessousboutique eröffnen. Klar, dass die Dorfbewohner dazu ihre Meinungen entwickeln. Ingmar Höfgen
Ingmar Höfgen
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