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Potsdam-Mittelmark: Scherben und Knochenreste

Auf dem Bauplatz des Biotechnikums wurde eine historische Gräberstätte dokumentiert

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Nuthetal - Im Januar soll das Biotechnikum des Instituts für Getreideverarbeitung in Bergholz-Rehbrücke fertig werden. Noch vor dem Baustart haben im Februar und im Dezember 2011 archäologische Grabungen am Bauplatz stattgefunden. Jetzt kommen die Fundstücke in das Magazin des Landesamtes für Denkmalpflege nach Wünsdorf: Scherben und Leichenreste eines rund 3000 Jahre altes Urnenfelds.

Bereits drei Jahre vor dem Baustart für den Forschungsneubau war der Bauplatz auf der Westseite der Arthur-Scheunert-Allee archäologisch voruntersucht worden. Damals wurde ein erstes Urnengrab gefunden, das Getreideinstitut wurde deshalb zur Beauftragung systematischer Grabungen verpflichtet. Den Verdacht auf ein Bodendenkmal gab es schon lange: Auf der anderen Straßenseite am früheren Priesterberg war bei Erdarbeiten vor hundert Jahren eine Begräbnisstätte gefunden worden.

„Die günstige Bahnverbindung von Berlin und ein Ausflugslokal an der Rehbrücke löste bald danach ein wildes ,Urnenstechen’ aus, in dessen Verlauf der Friedhof vollständig geplündert wurde“, notierte der inzwischen verstorbene Ortschronist Detlev Lexow. Der Priesterberg war eine unbebaute Geländeerhebung. Auch alte Rehbrücker wissen vom Urnenstechen als Freizeitspaß: Stieß man mit einem Eisenstab auf einen Widerstand, wurde gebuddelt. Mit wissenschaftlicher Forschung hatte das nichts zu tun. Heute fragen sich Archäologen, ob es noch Funde in privatem Besitz gibt.

Die aktuellen Funde gehörten zu dem Gräberfeld auf der anderen Straßenseite dazu, meint Erwin Cziesla, Geschäftsführer der „Martin Wurzel Archäologie und Umwelttechnik“ in Stahnsdorf. Die Firma war mit den Untersuchungen beauftragt. Es handelt sich um Urnengräber aus der Übergangszeit zwischen Bronze- und Eisenzeit, etwa der Zeitraum 2000 bis 1500 v. Chr.. „Viel haben wir nicht mehr gefunden. Der Boden ist im Laufe der Zeit schon weit abgetragen worden“, so Cziesla. Die Gefäße des Bestattungsfeldes waren zerstört und lassen sich nur mühevoll zusammensetzen. Schwere Ackerfahrzeuge haben sie zerdrückt.

Als Behälter zur Aufnahme der Leichenreste wurden nicht nur extra angefertigte Urnen, sondern auch alte Haushaltsgefäße verwendet. Das erklärt die Henkel an einigen der Fundstücke. Cziesla schätzt, dass es hier einmal 300 bis 400 Gräber gegeben hat. Bodenverfärbungen zeigen, dass im während der Eiszeit gewachsenen Boden schon an mancher Stelle gegraben und Bodenschichtung vermischt wurde. Die Menschheit habe sich früh für die Vergangenheit interessiert.

Die Fundstellen wurden ausgemessen, die Lage jedes Fundstückes eingezeichnet und katalogisiert. Die Gräber überschneiden sich nicht. Cziesla schätzt, dass die Grabstätten damals markiert wurden. Die Toten wurden, vermutlich vollständig bekleidet, auf Scheiterhaufen verbrannt. Es blieben nur unvollständig verbrannte Knochen zurück, im günstigsten Fall Ausstattungsstücke wie Gürtelschnallen, Messer, Dolche.

In Bergholz-Rehbrücke wurden nur Leichenbrand und Urnenteile gefunden. „Wir sind keine Schatzgräber. Wir dokumentieren die Funde wissenschaftlich. Finden wir nichts, waren es einfache, arme Leute“, meint der Archäologe. Gewohnt haben die Menschen „etwa 500 Meter südwestlich der Burgfischerei, an den sogenannten Kahnstätten“, schreibt Ortschronist Lexow. Es soll ein bronzezeitliches Dorf gewesen sein, das „bis in die frühdeutsche Zeit bewohnt wurde“.

Der Bau des Biotechnikums hat sich nicht durch die Grabungen verzögert: Durch geänderte Förderbedingungen war die ursprüngliche Finanzierung geplatzt. Anfangs sollte der Landkreis Bauherr sein, dann wurde es das Institut für Getreideverarbeitung.

Ute Kaupke

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