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Umstrittener Straßenname. Das Wirken Arthur Scheunerts in der NS-Zeit war zweifelhaft, trotzdem soll das Schild bleiben.

© A.Klaer

Potsdam-Mittelmark: Scheunert-Allee: Name soll bleiben

Kritische Auseinandersetzung mit Ernährungsforscher ist damit nicht beendet

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Nuthetal - Nuthetal wird seine Arthur-Scheunert-Allee wohl behalten. Das empfahlen die Mitglieder des Hauptausschusses am Dienstagabend einstimmig der Gemeindevertretung, die am 12. März darüber abschließend entscheidet. „Wir wollen keine Bilderstürmerei vornehmen, uns weiter mit Scheunerts Wirken auseinandersetzen“, sagte Gemeindevertreterin Erika Haenel (CDU/Grüne). Auf Haenels Drängen hatte der Jugend-Sozial-Ausschuss einen Antrag zu dem umstrittenen Straßennamen eingereicht.

Der besagt, dass die Arthur-Scheunert-Allee ihren Namen behält, aber die Gemeinde sich verpflichtet, sich weiter mit dem Wirken des Ernährungswissenschaftlers auseinanderzusetzen. „Es fällt uns nicht leicht zu sagen, dass der Name bleibt“, so die Vorsitzende des Jugend-Sozial-Ausschusses, Katrin Krumrey (SPD), aber man wolle die Diskussion nicht abwürgen. Das Wirken Arthur Scheunerts (1879-1957) in der NS-Zeit war zweifelhaft. Seine wissenschaftlichen Ergebnisse in der Vitaminforschung sind bis heute jedoch unbestritten, auch seine Leistung beim Aufbau des Ernährungsinstituts. Das rechtfertige die Straßenbenennung.

„Einer neuen Straße würden wir den Namen Scheunert nicht mehr geben“, stellte Krumrey klar. Scheunert habe, abgesehen von seinen zweifelhaften Forschungsmethoden, in der Rationierungskommission gewirkt, in der die Nazis die Nahrung im nationalsozialistischen Sinne rationierte und Kranke, Alte und Juden benachteiligte. „Es ist wichtig, dass wir uns weiter kritisch mit Scheunert auseinandersetzen. Sonst will ich den Namen auch nicht beibehalten. Dann würde ich lieber eine Friedensallee sehen wollen“, so Krumrey.

Auslöser der Diskussion war ein Beitrag des Historikers Roland Thimme in der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, in dem er über Scheunerts Vitamin-Versuche an Häftlingen im Zuchthaus Waldheim während der NS-Zeit berichtete und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit sprach. Scheunert war international angesehen und bis 1957 Direktor des Rehbrücker Instituts für Ernährungsforschung. Mit seinen Versuchen an Häftlingen und Fabrikarbeitern habe er ethische Grenzen überschritten. Jedoch gebe es keine belastbaren Hinweise für Todesfälle oder bleibende Schäden bei Versuchspersonen, hatte der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Ernährungsforschung, Hans-Georg Joost, nach seinen Recherchen Thimmes Vorwürfe im November relativiert.

Deutlich würden sich die Scheunertschen Versuche von verbrecherischen Humanexperimenten an KZ-Häftlingen unterscheiden. Dennoch habe Scheunert die Grenze zwischen einwandfreier und fragwürdiger Forschung überschritten, indem er Versuche an deutlich unterernährten Häftlingen vornahm.

Über die Schwere der Verfehlungen könne heute nicht gerichtet werden. „Die Gemeinde Nuthetal sollte daher den Namen Scheunerts weiter öffentlich führen, sich aber der Schatten, die auf ihm lasten, bewusst sein“, heißt es im Beschlussentwurf, an dessen Text noch gefeilt werden soll. Scheunert war „ein Mensch in dunkler Zeit“, kommende Generationen wolle man an die ethische Verantwortung der Forschung erinnern. Ute Kaupke

Ute Kaupke

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