Aus dem GERICHTSSAAL: Schlagkräftiger Polizist
Bewährung für Beamten, der bei einer Hausdurchsuchung in Teltow die Staatsgewalt überinterpretierte
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Teltow – Die Wohnung von Marcel M.* in der Potsdamer Straße wurde schon längere Zeit observiert. Schließlich stand der Teltower im Verdacht, mit Rauschgift zu handeln, selbiges gar an Personen unter 18 Jahren abzugeben, was als Verbrechen gilt. Am Abend des 10. März 2005 schnappte die Falle zu. Mehrere Polizisten klingelten und klopften laut eigener Aussage an der Wohnungstür. Als diese von Marcel nicht geöffnet wurde, setzten die Beamten einen Rammbock an, stürmten sodann die Ein-Raum-Wohnung. Darin befanden sich außer dem Mieter noch dessen Freundin sowie drei weitere junge Leute, vier davon in ein Gesellschaftsspiel vertieft. Einer hörte Musik über Kopfhörer.
„Es krachte zweimal an der Tür. Dann fand ich mich auch schon auf dem Fußboden wieder“, schildert Marcel M. (26) vor Gericht. „Meine Hände wurden auf dem Rücken gefesselt.“ Als er verlangte, seinen Anwalt sprechen zu dürfen, sei ihm dies von einem Polizeibeamten mit der rüden Bemerkung „Halt die Schnauze, hier bin ich der Boss“ verwehrt worden, so der arbeitslose Gärtner. Auch sei ihm von dem Beamten gedroht worden, ihm den Arm zu brechen, falls er nicht endlich Ruhe gäbe. Während er rund 30 Minuten auf dem Bauch liegen musste, habe ihn besagter Polizist mehrfach von hinten am Pulloverkragen hochgezogen, dann wieder fallen gelassen, auch ins Gesicht geboxt. Zum Beweis der Tortur demonstriert Marcel M. – er tritt im Prozess als Nebenkläger auf – die zerrissene Oberbekleidung. Ein Attest, wonach er nach dem Übergriff unter anderem unter einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule litt, befindet sich in den Akten.
Peter P.* (37) auf der Anklagebank bestreitet den Tatvorwurf. Bei jenem Einsatz sei alles mit rechten Dingen zugegangen, behauptet der Polizeibeamte. Als der Wohnungsinhaber nicht reagierte, obwohl sie sich als Polizisten zu erkennen gaben, hätten sie Gefahr im Verzug angenommen und die Tür gewaltsam geöffnet. Schließlich wollten sie Marcel M. keine Möglichkeit bieten, inzwischen Beweismittel in der Toilette hinunterzuspülen. „Dass sich die in der Wohnung befindlichen männlichen Personen auf den Boden legen sollten und dort fixiert wurden, ist bei solchen Einsätzen eine ganz normale Maßnahme. Die beiden Damen durften sich nach einer ersten Durchsuchung auf die Couch setzen“, berichtet der Angeklagte. Er habe Marcel M. weder bedroht noch geschlagen. „Und seinen Anwalt hätte er später anrufen dürfen.“ Die als Zeugen geladenen Kollegen von Peter P. haben angeblich nichts Gesetzwidriges gehört und gesehen, schätzen den Einsatz, bei dem übrigens keine Drogen gefunden wurden, gar als ruhig und entspannt ein.
„Es rumste, dann standen die Polizisten mit Pistolen im Anschlag im Zimmer“, erinnert sich Alina A.* (19). Ihr Freund Marcel M. sei vom Angeklagten über den Tisch gezogen und auf den Boden gedrückt worden. „Dann hat er ihn wie beim Rumpfbeugen mehrfach hochgezogen und geschlagen. Ihre Bekannten bestätigten die Aussage. Staatsanwalt und Gericht glauben den jungen Leuten. Der Polizeibeamte Peter P. wird wegen Körperverletzung im Amt, Nötigung und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird, verurteilt. Außerdem muss er eine Geldbuße von 1000 Euro zahlen und bei Rechtskräftigkeit des Urteils mit einem Disziplinarverfahren rechnen. (*Namen geändert.) Hoga
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