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Die Zahl der Einbrüche in Potsdam-Mittelmark ist gestiegen.

© dpa

Einbrüche in Potsdam-Mittelmark: Schnell rein, schnell raus

Die Zahl der Einbrüche in Potsdam-Mittelmark steigt weiter, nur wenige Fälle werden aufgeklärt. Gefragt sind jetzt die Dienste von Hartmut Preuß, dem Experten für Einbruchsprävention.

Von Eva Schmid

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Teltow - Den Schmuck nahmen sie mit, die Goldmedaille der Tochter und die Sparbüchse, die unter dem Treppenabsatz stand. Vor fünf Jahren räumten die Diebe ein Einfamilienhaus in der Teltower Liliencronstraße aus, vor wenigen Wochen hat es einen Nachbarn getroffen. Dem Ehepaar Meissner*, das auch in der Straße in Teltow-Seehof lebt, ist es nun zu viel geworden. Sie fühlen sich nicht mehr sicher. Um ihr Haus besser zu schützen, haben sie Hartmut Preuß zu sich geholt. Der Polizeihauptmeister berät Hausbesitzer und Mieter vor Ort zum Thema Einbruchsprävention. Am Küchentisch der Meissners sitzen noch zwei Nachbarn, auch der bei dem einst eingebrochen wurde.

Der kleine, drahtige Polizist schwenkt einen Schraubendreher in der Hand, typisches Einbrecherwerkzeug. Er steht auf, stellt sich an die Terrassentür und setzt an. Im Handumdrehen könnte man – wenn man wollte – damit die Tür aufbekommen. Funktioniere das nicht, werde der Einbrecher Preuß zufolge die Scheibe einschmeißen. Den Lärm würden die Nachbarn in den Wintermonaten bei geschlossenen Jalousien und laufendem Fernseher nicht hören. Der 55-jährige Polizeibeamte zeigt auf eine kleine Engelsstatue auf dem Rasen, ein super Wurfgeschoss. Auch der Mülleimer eigne sich gut, um an die meist schlechter gesicherten Fenster im ersten Stock zu kommen.

Sieben Prozent mehr Einbrüche in Potsdam-Mittelmark

Die Banden – meist seien die Diebe laut Preuß zu dritt unterwegs – haben im vergangenen Jahr erneut den Speckgürtel und mittelmärkische Kommunen mit guter Autobahnanbindung im Blick gehabt. Laut der aktuellen Polizeistatistik ist die Zahl der Einbrüche von 2014 auf 2015 im Kreis um sieben Prozent gestiegen. Die deutlichsten Sprünge wurden in Michendorf (56 auf 85 Einbrüche), Kleinmachnow (77 auf 109) und Werder (Havel) (33 auf 53) verzeichnet. Auch bundesweit nahm die Zahl der Wohnungseinbrüche zu: Die Polizei registrierte 2015 mehr als 167 000 Fälle, fast zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zuwächse würden sich laut Experten auch durch organisierte, reisende Banden erklären lassen.

Zugleich sinkt bundesweit und auch im Kreis die Aufklärungsquote: Schlusslicht ist Teltow. Nur 1,2 Prozent der insgesamt 81 Einbrüche konnten aufgeklärt werden. Michendorf und Kleinmachnow kommen auf vier Prozent aufgeklärte Fälle. Für die sinkenden Aufklärungsquoten macht der Vize-Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, vor allem die geringe Personalstärke der Polizeibehörden verantwortlich. Man sei nicht mehr in der Lage, für jeden Einbruch eine Ermittlungskommission zu bilden, sagte er jüngst in einer ARD-Talkshow.

Gemeinsame Ermittlungsgruppe in Berlin-Brandenburg

Für die Region Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf und weitere Einbruchsschwerpunkte im Kreis sieht das aber anders aus. Seit 2005 gibt es zumindest die gemeinsame Ermittlungsgruppe (GEG) Berlin-Brandenburg. Sie besteht aus je neun Polizeibeamten und ermittelt zu Einbrüchen, die überregional agierende Banden organisieren. Auch haben viele Umlandgemeinden Sicherheitspartnerschaften, mit denen man „durchweg positive Erfahrungen“ mache, so die Polizei.

Punktuell scheint das etwas zu bringen: In Stahnsdorf und Nuthetal sind die Einbruchszahlen von 2013 bis 2015 leicht gesunken. In Stahnsdorf schlugen die Diebe im vergangenen Jahr in 31, in Nuthetal in 16 Fällen zu. Ein weiterer Ausreißer in der Statistik ist die Stadt Werder. Dort lag die Aufklärungsquote bei rund 19 Prozent. 2014 schaffte es Michendorf sogar auf 34,5 Prozent.

Jeder Einbruch sei einer zu viel

Für den Präventionsberater Preuß ist jeder Einbruch einer zu viel. Er ist froh, dass er an diesem Morgen im Wohngebiet in Teltow-Seehof nicht eine Familie vor sich sitzen hat, die gerade erst überfallen wurde. Seit zwei Jahren macht er nun den Job und weiß, dass er bei frisch zurückliegenden Einbrüchen sehr feinfühlig sein muss. „Die Geschädigten sind sehr betroffen“, manche von ihnen gar traumatisiert. Den Kontakt des Opferschutzes Weißer Ring gebe er bei solchen Terminen den Betroffenen am Ende der Beratung in die Hand. Auch wenn die Einbrecher nur sehr kurze Zeit im Haus sind, das Gefühl der Unsicherheit sei normal.

Bei Einbrechern gelte das Prinzip „schnell rein, schnell raus“, so Preuß. Wer sich besonders sicher fühle, könne auch bis zu 30 Minuten im Haus bleiben. Meist steigen die Diebe tagsüber ein, in der dunklen Jahreszeit auch von 16 bis 20 Uhr. Immer wieder würden auch nächtliche Einbrüche registriert. „Wenn Sie merken, dass jemand da ist, machen Sie Lärm“, rät Preuß. Der Täter ergreife dann die Flucht, für ihn sei es wichtig unerkannt zu bleiben. Auf ein Duell würde es Preuß niemals ankommen lassen. Am Ende verrät der Polizist noch, dass auch gute Buchhaltung zum Verhängnis werden kann. „Finden die Diebe den Schrank mit den Aktenordnern und greifen den richtigen, dann haben sie meist auch die Geheimzahlen für EC- und Kreditkarte.“ Die Handtasche mit den Karten sei schnell gefunden.

Kleine Tipps zum Schutz

Es sind die kleinen Tipps, die der Präventionsberater den Bewohnern mitgibt: Wie das Anlegen einer Inventarliste, der Hinweis, was den Einbrechern als Steighilfe dient und das Beachten des eigenen Bauchgefühls. Fühle man sich sicher, müsse man sein Haus nicht zu einer Festung ausbauen. „Sie wollen doch sicher noch in den Urlaub und ins Restaurant gehen?“, fragt Preuß in die Runde am Küchentisch und schafft es nach zweistündiger Beratung, die Sorgenfalten seiner Zuhörer wegzuzaubern.

*Name geändert

Wer eine Beratung zur Einbruchsprävention möchte, kann einen Termin mit dem Präventionsteam unter Tel.: (0331) 550 810 80 vereinbaren

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