Potsdam-Mittelmark: „Schokolade klebt wie Leim“
Confiserie „Felicitas“ produziert pro Tag 250 Kilogramm handgefertigte Kunstwerke fürs Weihnachtsgeschäft
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Confiserie „Felicitas“ produziert pro Tag 250 Kilogramm handgefertigte Kunstwerke fürs Weihnachtsgeschäft Von Sigrid Pretzsch Sie liebt Schokolade. Und sie kommt aus Belgien, wo die Pralinen zu den weltweit besten gehören. Goedele Matthyssen ist mit Leib und Seele Chocolatier. In ihrem Traumberuf arbeitet sie aber nicht in Belgien, sondern in der Niederlausitz. Zusammen mit ihrem Ehemann Peter Bienstmann hat die 35-Jährige die Schokoladenfabrik „Confiserie Felicitas“ in Hornow in der Nähe von Cottbus aufgebaut. Seit 1992 bietet das Paar handgefertigten Gaumengenuss aus original belgischen Zutaten. Die Lausitzer Kunstwerke können Genießer derzeit nur in Spezialläden oder vor Ort ergattern. Dies soll aber nicht so bleiben, denn das Geschäft boomt - gerade auch in der Vorweihnachtszeit. „Wir kommen mit den Bestellungen nicht hinterher“, sagt die blonde Frau. Täglich produziert das Unternehmen rund 250 Kilogramm Schokolade. Erst Mitte September, als es in einigen Läden schon die ersten Weihnachtsprodukte zu kaufen gab, begannen die Hornower mit den Vorbereitungen zum Fest. Früher anzufangen, lehnt Matthyssen strikt ab. Die Frische der Schokolade würde darunter leiden, sagt sie. Vom originellen Hohlkörper „Weihnachtsmann mit Roller“ bis hin zu einer schokoladigen „Stern-Bonboniere“, gefüllt mit süßen Pralinen, wird in der Firma im 700-Seelen-Dorf Hornow im Landkreis Spree-Neiße fast alles per Hand produziert. Das Besondere an der filigranen Handarbeit ist das mehrfache Giessen der warmen Schokolade in die extra für „Felicitas“ angefertigten Plasteformen. Dabei ist das richtige Temperieren der Rohmasse das Wichtigste, verrät die Expertin. Wie hoch die Temperatur aber sein muss, damit die Schokolade schnell trocknet und nach ein paar Tagen Lagerung keine weißen Flecke bekommt, bleibt Firmengeheimnis. Auf dem Tisch einer Mitarbeiterin steht die Form der künftigen Weihnachtsschlitten. Für die späteren Verzierungen am Schlitten wird die Form in vorgesehenen Vertiefungen zuerst mit weißer Schokolade beschichtet. Ist diese erste Schicht nach vier bis fünf Minuten getrocknet, werden die Schlittenhälften mit Zartbitter- und Vollmilchschokolade vollendet. Schließlich werden zwei identische Formen zusammengesetzt. Dazu wird geschmolzene Schokolade zwischen die Teile gestrichen, die nach dem Trocknen beide untrennbar macht. „Schokolade klebt wie Leim“, erklärt Matthyssen. Das kleine Kunstwerk wird später mit hauseigenen Pralinen gefüllt. Diese werden gleich im Nachbarraum der ehemaligen LPG-Küche gefertigt. Bei der Herstellung der gefüllten Pralinen wird in der Fabrik die einzige Maschine eingesetzt. Sie drückt die Schokoladenrohmasse in die Schablonen. Die verschiedenen Füllungen jedoch werden wieder mit der Hand in die Formen gebracht. In einem kupfernen Topf steht die Nougatfüllung schon bereit. Mit einer Tüte wird die Spezialität in die Vertiefungen gespritzt. Auf einem Blech nebenan warten bereits andere Pralinen mit Nüssen, Likör und Marzipan auf ihre Verarbeitung. Alle Zutaten bekommt „Felicitas“ einmal wöchentlich direkt aus Belgien geliefert. Dort ist der Beruf des Chocolatiers ein reiner Männerberuf. In Hornow hingegen arbeiten 22 Frauen, die zuvor alle in anderen Berufen tätig waren. Nach mindestens einem Jahr Umschulung wurden aus der ehemaligen Glasschleiferin und der Kindergärtnerin, aus der Konditorin und der Gärtnerin professionelle Chocolatiers. Eines lernen die Mitarbeiterinnen sehr schnell: Es wird mit weißen Handschuhen gearbeitet und die Arbeitsplatten werden abgekratzt und niemals abgewaschen. „Wasser enthält Bakterien, die bei der Verarbeitung der Schokolade schaden könnten“, erzählt Matthyssen, die vor ihrer Ausbildung zum Chocolatier in Belgien Krankenschwester war. Vor zwölf Jahren hatte das Ehepaar per Zufall die Lausitz besucht und war von der „wunderschönen Landschaft und den aufgeschlossenen Menschen“ begeistert. „Peter, es gibt hier aber keine vernünftige Schokolade“, sagte sie damals zu ihrem Mann und stieß so auf die Marktlücke. Das 1992 aufgebaute Geschäft lief die ersten sieben Jahre aber nicht gut. Nur durch Kredite von Freunden konnte sich das Paar über Wasser halten. Inzwischen sind sie zu viert und das Geschäft schreibt schwarze Zahlen, erzählt Matthyssen. „Und unsere Kinder werden auffällig oft zu Geburtstagen eingeladen.“
Sigrid Pretzsch
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