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KulTOUR: Schöne Helena mit Strandleben

Zweite Aktions- und Kunstwoche des Kleinmachnower Kunstvereins „Die Brücke“ im Landarbeiterhaus

Stand:

Kleinmachnow - Alt und brüchig, aber nicht ohne neues Leben präsentiert sich das „Landarbeiterhaus Zehlendorfer Damm 200“ derzeit den Besuchern. Zum zweiten Mal lädt der 2009 gegründete Kunstverein „Die Brücke“ hier, gegenüber dem Machnower See, zu einer Aktions- und Kunstwoche ein. Sein Ziel ist es, die ehemalige Wohnstatt armer Leute in ein Kunsthaus umzufunktionieren, das zwischen dem alten Dorfkern und den neuen Wohngebieten jenseits der Hakeburg vermittelt. Im Herbst soll sich entscheiden, ob die „Umwidmung“ zum Kulturobjekt kommt. Zur Vernissage der „2. Kleinmachnower Kunstwoche“ am Sonntag waren immerhin die Bürgermeister von Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow geschlossen vor Ort. Das kann kein schlechtes Zeichen gewesen sein.

Der etwa zwanzigköpfige Verein organisierte auch diese Ausstellung wieder betont demokratisch. Gut gemixt wurde der Proporz von weiblich und männlich, bildnerisch und angewandt, jung und alt, nah und fern. Innen vier Räume für vier Künstler, auf dem vom gröbsten Grün befreiten Hof nebst „Markise“ ist wieder Platz für Zelte und Geselligkeit.

Raum eins gehört dem Gast Hans W. Scheibner aus Meckpomm. Er ist eigentlich ein Mann der Bühne, denn ob er nun zeichnet, bildhauert oder diese elegant-schlanken Helena-Masken baut, alles ist wie für die arena mundi höchst selber gedacht. Man sieht ein Bild des alten Bernhard Minetti als Lear, einen „Baldur“, aber auch ihn: Wer zählte seine Narben, nennte ihre Namen. Herrlich, dieser theatralische Raum!

Gleich daneben hat Ilka Raupach ihr Quartier aufgeschlagen. Was sie zeigt, ist manchem von ihrem Caputher Atelier her geläufig: Überdimensionierte Kiefernnadeln aus Eisen, nachgeformte „Stachelpellen“ von Kastanienfrüchten, die genauso Ur-Krebse aus dem Silur sein könnten, und wieder diese kleinen Figuren aus Porzellan, hier „Schattenfrüchte“ betitelt; doch was da nach Art von Kartoffelkeimen aus ihnen wächst, hat Händchen und Füßchen. Auch in Bein geschnitzte Landschaft ist hier zu sehen.

Alternativ zu den Formen, die Ernst J. Petras in seinem Zweitwohnsitz Beirut trifft, beschäftigen sich seine Werke daheim mit der Geometrie, genauer mit dem Quadrat. Etliche davon hat er mit dem Pinsel auf Japanpapier gebannt, andere aus Metall zusammengeschweißt und manche dann wieder, „geknickt“, zu altägyptischem Outfit verholfen. Mit etwas Phantasie und Spaß wird man an diesem Raum seine Freuden haben und ganz im Stillen der Skulptur „Lonely message“ nachsinnen. Auch die Berlinerin Kerstin Seltmann hat manchem so manches zu bieten. Die einen werden sich angesichts ihrer in Beton gegossenen, still schnatternden „Gänsehälse“ vielleicht an Selma Lagerlöfs Geschichten von Nils Holgersson erinnern. Andere schauen voller Staunen auf ihre stark im Grafischen ruhende Malerei, wo es vor Tieren wie Esel und Mopsen, Ziegen und Vögel nur so wimmelt – und von gewissen „Geometrien“.

Alles Malerei vom Feinsten, zum Teil wenigstens. Da ist doch endlich wieder Leben in der alten Bruchbude! Im Verein träumt man bereits von einem Skulpturengarten vis a via, mit Blick auf den Machnower See, denn nach Picasso ist Kunst bekanntlich „der beste Weg, die Kultur der Welt zu begreifen“. Oder wie Loriot es einmal so treffend formulierte: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“

Das Kunsthaus in spe ist bis 3.9. täglich 12-20 Uhr geöffnet. Finissage mit Künstlerfest und Puppenspiel am 3.9. ab 17 Uhr

Gerold Paul

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