Potsdam-Mittelmark: Schriftsteller und Politik
Görtemaker spricht morgen über Thomas Mann
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Kleinmachnow - Thomas Mann, Schriftsteller der „Buddenbrooks“ und des „Zauberberg“, und sein Verhältnis zur Politik. Eigentlich ein Thema, mit dem sich die Wissenschaft schon ausführlich beschäftigt hat. Im vergangenen Jahr erschien das Buch „Thomas Mann und die Politik“ des Potsdamer Geschichtsprofessors Manfred Görtemaker im Fischer-Verlag. Seit Jahrzehnten zum ersten Mal versuche dieses Buch in einer geschlossenen Darstellung „das schwierige Verhältnis Thomas Manns zur Politik“ auszuloten, so steht es auf der Rückseite des knapp 300 Seiten starken Bandes.
Görtemaker hat sich auf die „wichtigsten Stationen in der Beziehung des Schriftstellers zur Politik“ beschränkt. Die Zeit des an der Politik kaum Interessierten bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914. Die Kriegsbegeisterung, die anfangs, wie viele andere auch, Thomas Mann erfasste und der nun ein Teil seines Schreibens als „Gedankendienst mit der Waffe“ verstand. Es folgte die Zeit des „Unpolitischen“, wie sich Mann in seinem bekannten Essay von 1918 bezeichnete. Die anfängliche Kriegs- und Politikbegeisterung war einer unpolitisch-moralischen Haltung gewichen. Mann stellte jetzt die individuellen Probleme über die sozialen. Der bekennende Monarchist lehnte die versuchte Demokratie der Weimarer Republik als „Dogma des Geistes“ ab.
Thomas Manns Essay „Betrachtungen eines Unpolitischen“ wurde und wird oft als Rechtfertigung des Schriftstellers gelesen, der davon überzeugt war „dass das deutsche Volk die politische Demokratie niemals wird lieben können“. Doch muss diese Auseinandersetzung immer auch als Versuch verstanden werden, mit der neuen politischen Situation umzugehen, der er nur mit scheinbarer Absolutheit gegenüber stand. Denn schon 1922 bekannte sich der „Vernunftrepublikaner“ Thomas Mann zur Weimarer Republik.
Mehr als die Hälfte seines Buches widmet Görtemaker Thomas Manns Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Die Zeit der erzwungenen Emigration ab 1933, die Zurückhaltung des Schriftstellers, was die Kommentierung der Vorgänge im nationalsozialistischen Deutschland betraf und ab 1940 Thomas Manns regelmäßige Radiobeiträge „Deutsche Hörer!“ aus dem amerikanischen Exil. In den monatlichen, bis zu achtminütigen Ansprachen ging Thomas Mann auf aktuelle Ereignisse in Europa ein, geißelte und beleidigte den „Viertelkünstler“ Hitler und seine „Paladine“. In einem regelrecht apokalyptischen Ton, gefärbt von den persönlichen Kränkungen, können diese Radioansprachen als die eindeutigsten politischen Stellungnahmen Thomas Manns gelten.
Görtemaker kommt in seinem Buch zu dem Schluss, dass Thomas Mann nicht „politisch-rational, sondern künstlerisch-emotional“ handelte. Dass Mann „auch in seinen politischen Äußerungen stets ein in seinen Befindlichkeiten gefangener Dichter“ blieb. Diese Einschätzung Görtemakers hat Kritik provoziert. Eine verzerrte Darstellung, Pauschalisierungen und das Ignorieren bestimmter Tatsachen habe zu diesem „Fehlurteil“ Görtemakers geführt. Dirk Becker
Morgen, 17. Februar, spricht Manfred Görtemaker über Thomas Mann und sein Verhältnis zur Politik um 19.30 Uhr im Rathaus Kleinmachnow, Adolf-Grimme-Ring 10
Dirk Becker
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