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Viel zu sagen. Kurt Ostwald und der Schüler Florian Mainka im Awo-Treff.

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Ausstellung zu Zeitzeugenprojekt in Werder: Schüler sichern Spuren

Werder (Havel) - Lebendiger Geschichtsunterricht: Für das Projekt „Spurensicherung 1945“ haben 17 Schüler der Schule am Plessower See in Werder Senioren aus den Pflegeheimen am Schwalbenberg und im Wachtelwinkel interviewt, angeleitet von der Werderaner Künstlerin Ingeborg Lauwasser. Die Ergebnisse kann man seit vergangenem Freitag im Treff der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in einer Ausstellung besichtigen.

Von Enrico Bellin

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Werder (Havel) - Lebendiger Geschichtsunterricht: Für das Projekt „Spurensicherung 1945“ haben 17 Schüler der Schule am Plessower See in Werder Senioren aus den Pflegeheimen am Schwalbenberg und im Wachtelwinkel interviewt, angeleitet von der Werderaner Künstlerin Ingeborg Lauwasser. Die Ergebnisse kann man seit vergangenem Freitag im Treff der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in einer Ausstellung besichtigen.

Gezeigt wird unter anderem, wie die Gespräche zwischen Schülern und Rentnern abliefen. Kurt Ostwald, der mit seiner Frau im Awo-Zentrum im Wachtelwinkel lebt, war beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 16 Jahre alt, wie sein Gegenüber Florian Mainka heute. „Bei den Gesprächen erhielt man eine ganz andere Vision vom Krieg als im Unterricht“, so Florian. Schließlich werde das Geschehen durch die persönlichen Erfahrungen besser erlebbar. Die Großeltern seiner Generation haben den Krieg selbst nicht mehr miterlebt, sodass die Schüler erst durch das Projekt Kontakt zu Zeitzeugen bekamen.

Kurt Ostwald hat die Erlebnisse seiner ersten 24 Lebensjahre zudem niedergeschrieben, sein Manuskript hat Ingeborg Lauwasser im Buch „Zeitzeugen“ veröffentlicht, in dem auch die Arbeit der Schüler beschrieben wird. Ostwald wuchs auf dem anhaltinischen Land auf, fünf Personen lebten auf 25 Quadratmetern. An kalten Wintertagen wurde er dort als Baby zum Wärmen in die Backröhre des Kachelofens gelegt, Not mache schließlich erfinderisch. Mit den Augen eines Heranwachsenden schildert er auch, wie sein Onkel nach einem Kneipenbesuch von SA-Leuten verprügelt, festgenommen und inhaftiert wird. Der Onkel kam bei Kriegseinbruch ins Konzentrationslager Buchenwald, erst 1951 sollte er ihn wiedersehen.

Das Buch kann man im Rahmen der Ausstellung gegen eine Spende mitnehmen, zudem liegt es in der Stadtbibliothek gegenüber dem Awo-Treff aus. Gefördert wurde sein Druck von der Aktion Mensch mit 3300 Euro. „Wir arbeiten bereits an einem zweiten Buch, das die Erlebnisse von Herrn Ostwald während der DDR-Zeit schildern soll“, so Lauwasser. Auch die Zusammenarbeit der Awo mit den Schülern der Schule am Plessower See wird fortgesetzt: Im Februar soll ein Ernährungsprojekt mit gemeinsamen Einkäufen und Kochen beginnen.

Ausstellung „Spurensicherung: 1945, Awo-Treff Brandenburger Straße 159, bis 15. Mai. Mo.–Do. 11 bis 16 Uhr, Fr. bis 14 Uhr.

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