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Aus dem GERICHTSSAAL: Schusswütiger Nachbar

„Ich habe die Pistole in der Mülltonne gefunden!“

Stand:

Stahnsdorf – „Wehe, Sie finden wieder eine Pistole in der Mülltonne und erschrecken Leute damit“, warnt Amtsrichterin Reinhild Ahle und verurteilt Bernd B.* (50) wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung. Außerdem muss der Stahnsdorfer 200 Stunden unentgeltlich arbeiten. Das gefällt ihm gar nicht. „Ich bin psychisch krank und habe Depressionen“, moniert er. „Aber körperlich sind Sie gesund. Ihr Bewährungshelfer wird Ihnen sagen, wo Sie die Stunden ableisten können“, pariert die Vorsitzende. Bernd B. gibt klein bei, nimmt das Urteil an.

Am 26. November vorigen Jahres soll der Vorrentner mit einer Schreckschusswaffe zweimal auf seinen Nachbarn Gernot G.* geschossen haben. Trotz der geringen Entfernung von nur zwei Metern passierte dem Mann zum Glück nichts. „Da kann man einen Herzinfarkt kriegen“, gibt die Staatsanwältin zu bedenken. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht? Und wieso besitzen Sie die Pistole, für die man einen Kleinen Waffenschein braucht?“ Der Angeklagte erzählt, er habe die Waffe in einer Mülltonne in Berlin gefunden und zum Selbstschutz eingesteckt. „Ich sammle Flaschen, um meine Einkünfte aufzubessern. Das mache ich meistens nachts. Da sind die Wildschweine in Stahnsdorf unterwegs.“ Um sie nötigenfalls zu verscheuchen, trage er die Pistole stets bei sich.

Wieso er an jenem Spätherbst-Morgen bewaffnet durch die Gegend lief, vermag Bernd B. nicht plausibel zu erklären. „Ich hatte am Abend vorher viel Bier getrunken und wollte meinen Kopf auslüften. Auf einmal stand da mein Nachbar. Ich grüßte ihn, aber er antwortete einfach nicht.“ Aus Frust über diesen „Affront“ habe er „einen Schuss abgelassen“, allerdings vor sich auf den Boden gezielt, beteuert der bereits wegen ähnlicher Taten Vorbestrafte. „Dann habe ich aus Spaß noch zwei- oder dreimal in die Luft geballert.“

„Bernd B. hatte meiner Frau angekündigt, dass er mich erschießen will“, berichtet Gernot G. „Als ich ihn am 26. November traf, habe ich gefragt, was das sollte. Da zog er einfach die Pistole und drückte ab.“ Er habe gewusst, dass es sich um eine Schreckschusswaffe handelt, aber dennoch ein mulmiges Gefühl verspürt. „Ich hatte ja keine Ahnung, womit die geladen ist“, so der Zeuge. „Dann richtete Bernd B. die Waffe auf sich und fiel um, so als ob er getroffen wurde.“ Da der Angeklagte in der Vergangenheit bereits andere Nachbarn bedrohte, gar ankündigte, das Mietshaus in die Luft zu jagen, habe er die Polizei alarmiert. „Wir wollen, dass er auszieht. Allmählich bekommen wir Angst“, versichert Gernot G.

Die Blutprobe, die dem Angeklagten knapp zwei Stunden nach dem Vorfall abgenommen wurde, wies noch 2,21 Promille aus. Der Arzt bescheinigte ihm wahnhaftes Verhalten. „Sind Sie in psychiatrischer Behandlung?“, fragt die Richterin. Bernd B. nickt. „Brechen Sie die bloß nicht ab. Sonst passiert vielleicht irgendwann einmal etwas ganz Schlimmes. Dann müssen Sie mit einer weitaus höheren Strafe rechnen“, warnt sie. (*Namen geändert.) Hoga

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