DasWAR’S: Schwarz-weiß bei einer Currywurst
DasWAR’S Wie Peter Könnicke an einem Imbiss eine Zeitreise machte An der Hauptstraße in Güterfelde gibt es einen Imbiss. Manchmal, wenn ich von einem Termin komme, nehme ich mir einen kurzen Stopp vor.
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DasWAR’S Wie Peter Könnicke an einem Imbiss eine Zeitreise machte An der Hauptstraße in Güterfelde gibt es einen Imbiss. Manchmal, wenn ich von einem Termin komme, nehme ich mir einen kurzen Stopp vor. Blöderweise liegt die Einfahrt leicht verdeckt in einer Kurve, so dass man leicht vorbeirauscht. Am Dienstag habe ich konzentriert den Blinker gedrückt und bin erwartungsfroh bei „Siggi’s Imbiss“ vorgefahren. Das Angebot ist nicht spektakulär: Brat- und Currywurst, Schnitzel, Bouletten, Eintopf. Keine gute Adresse für Vegetarierer. Manchmal immerhin Milchreis. Meist sind es Bauarbeiter, die forsch „’ne Bockwurscht“ bestellen. Ich persönlich bevorzuge die Currywurst an „Siggi’s Imbiss“. Die kurze Rast an der Imbissbude ist immer so etwas wie eine Reise in die Vergangenheit. Na ja, die Etiketten auf den Bierflaschen sind westlicher Prägung, auch der Kaffee kommt wahrscheinlich von Eduscho oder Jacobs. Doch ansonsten scheint die Zeit stehen geblieben. Am Dienstagvormittag saß auf dem Hof ein alter Mann. Er hatte einen weißen und schwarzen Schuh an, auf dem Kopf ein Basecap. Die Hände hatte er auf einen Krückstock gestützt. Sein langer schwarzer Bart war etwas verfilzt. Er erinnerte mich an südländische Dörfer, wo die Alten auf der Treppe sitzen und auf die Straße gucken. Die Imbissbuden-Verkäuferin nahm ein kleines Mädchen mit süßen blonden Locken an die Hand und ging bis zur Straße vor, um die vorbeifahrenden Autos zu bestaunen. Von meinem Stehtisch aus hatte ich einen Blick auf das Gehöft neben dem Imbiss. Ich erinnerte mich, wie ich vor ein paar Jahren mal über einen Bauernhof geschrieben habe, der von einem erfolgreichen Möbelverkäufer saniert wurde. In dem Bauernhaus werden heute stilvolle Tische und Schränke verkauft, in der alten Scheune sind große Fenster, so dass der Möbelverkäufer und seine Frau direkt auf die Pferdekoppel neben ihrem Anwesen schauen können. Ich habe gelernt, dass es sich dabei um einen alten Vierseitenhof handelt, was so bemerkenswert nicht ist, weil ja eigentlich jeder Hof vier Seiten hat. Der Hof neben „Siggi’s Imbiss“ hat auch vier Seiten, aber er ist nicht so schick hergerichtet. An den Hauswänden blättert der Putz ab, und ein rotes Wellblechdach ist das einzig Neue. Mir gefällt der Hof. Er erinnert mich an den Hof meines Großvaters, den ich als Kind wahnsinnig interessant fand, weil immer irgendwelche Sachen herumlagen: alte Autoteile, Bretter, kaputtes Werkzeug. Als ich mich von „Siggi’s Imbiss“ auf den Weg machte, fuhr ich an der Alten Schule in Güterfelde vorbei. Die große Uhr, die dort über dem Eingang hängt, zeigte jahrelang die gleiche Zeit an: 3.20 Uhr. Seit neuestem geht sie wieder. Auch in Güterfelde bleibt die Zeit nicht ewig stehen.
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