Potsdam-Mittelmark: Schwarze Insel Werder
In den Nachbarkommunen mussten die großen Volksparteien meist Federn lassen
Stand:
Werder (Havel)
Schwarze Insel im roten Meer“, dichtet CDU-Fraktionschef Thomas Höft. Die Christdemokraten konnten in Werder das landesweit beste Ergebnis einfahren – und haben nach der verpatzten Bayernwahl sogar die CSU überholt. Während sich andere CDU-Ortsverbände im Märkischen selbst zerfleischen, bauen die Werderaner weiter an ihrem Denkmal. Erfahrungsgemäß werden sie mit einem FDP-„Hospitanten“ wieder auf eine absolute Mehrheit kommen. Thomas Höft begründet die Werdersche Harmonie mit der Nähe zwischen Bürgermeister, Stadtverband und Fraktion. Große selbst ist für das Zitat bekannt: „Wenn sich Eheleute streiten, machen sie das Fenster zu.“ Der Bürgermeister nutzte Sympathien bei den Wählern, um seine Hausmacht zu stärken. Mit durchschlagendem Erfolg: 6734 Stimmen sind auch für eine Stadt mit 23 000 Einwohnern ein Ausnahmeergebnis. Zum Vergleich: Ex-Blütenkönigin Doreen Schüler wird mit 163 Stimmen auch noch in die CDU-Fraktion einrücken. Die CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Funck sammelte 1362 Stimmen. Dass sie lange im Stadtparlament bleibt, ist kaum zu erwarten – die Landespolitik dürften sie vor der Landtagswahl 2009 in Anspruch nehmen. Auch wenn sie gestern auf Anfrage versicherte, die Kandidatur ernst gemeint zu haben.
Michendorf
In Michendorf hat sich die Fusion der Wählerbündnisse UWG und FBL nicht gerechnet: War man im Jahr 2003 noch auf acht Mandate gekommen, so sind es in der kommenden Gemeindevertretung die Hälfte. Allerdings hat man (im Streit) auch auf einen Sympathieträger der Gemeinde, den Michendorfer Ortsbürgermeister Hartmut Besch, verzichtet. Der FDP-Mann hat mit weiteren Kandidaten eine eigene Liste gebildet – und fuhr mit 761 Stimmen das zweitbeste Ergebnis nach Spitzenreiter Peter Pilling (Die Linke, 878) ein. Beschs Antipode, der Wilhelmshorster UWG-Mann Gerd Sommerlatte, nannte das Wahlverhalten der Michendorfer gestern „eigenartig“. Man müsse sich damit zurechtfinden: „Fast alle Fraktionen sind jetzt auf einer Augenhöhe, aber im Bündnis-Schmieden haben wir schon Erfahrungen gesammelt.“ Ein Dankeschön der Wähler für kreative kommunalpolitische Arbeit gab es für die Grünen mit einem zusätzlichen Sitz.
Schwielowsee
Anders als in Michendorf ist das Bürgerbündnis Schwielowsee (BBS) klar als Wahlsieger vom Sonntag hervorgegangen – zu Lasten von CDU und SPD. Seine Position als stärkste Kraft der Gemeindevertretung konnte das BBS ausbauen, gewann einen Sitz dazu. Man geht selbstbewusst in die nächste Wahlperiode. „Wir sind nicht mehr angewiesen auf die CDU“, sagt BBS-Vorstand Roland Büchner, der zum Beispiel die ebenfalls gestärkten Linken mit im Boot sieht, wenn es um die Frage der Gemeindeträgerschaft für die Kitas oder das neue Geltower Sport- und Vereinsheim geht. Trotz ihrer Popularität wird es für Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) also mit dem Regieren nicht einfacher. Die CDU/FDP-Liste hat dank ihrer Kandidatur keinen Gesichtsverlust erlitten. 1435 Stimmen vereinte Hoppe auf sich, hat ja aber, wie ihr Kollege in Werder, bereits ein Bürgermeistermandat. Sie wird ihr zweites Mandat wohl an Nachrücker Willi Ludwig abtreten, der mit 90 Wählerstimmen ins Gemeindeparlament einrückt.
Beelitz
Gerade in Beelitz haben die etablierten Parteien an Boden verloren, die CDU ist von der stärksten zur drittstärksten Kraft degradiert geworden. In der letzten Legislaturperiode war den Christdemokraten einiges Personal abhanden gekommen. Der SPD ist derweil die Trennung von ihren parteilosen Speerspitzen bei der Kandidatenaufstellung schlecht bekommen. Hier zeigt sich ein bei Kommunalwahlen auf dem Lande häufiger Effekt: Es werden keine Parteien, sondern gute Nachbarn gewählt. In diesem Fall haben die alten SPD-Leute ihre Stimmen in das neue „Bürgerbündnis Beelitz“ mitgenommen. Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) dagegen verzichtete auf eine, wie er selbst sagt, „Scheinkandidatur“. „Wenn das Mode wird, leidet die Demokratie“, sagte er gestern. Er trägt das Ergebnis gefasst, die SPD habe nie die absolute Mehrheit in Beelitz gehabt. „Das hat in den vergangen Jahren gut funktioniert.“ Bunter und ausgeglichener werde die Stadtverordnetenversammlung jetzt. Und man werde sich noch mehr Mühe geben müssen, Projekte zu vermitteln.
Seddiner See
Für eine 4250-Einwohner-Gemeinde zeigt Seddiner See mit zwei neuen und einem alten Wählerbündnis beachtliche Spaltungstendenzen. Die CDU dagegen ist erst gar nicht wieder angetreten – nach und nach hatten die Fraktionäre in der vergangenen Legislaturperiode ihre Arbeit niedergelegt. Die Christdemokraten hatten von Anfang an Probleme, mit dem grandiosen Wahlerfolg von 2003 umzugehen. Zu dieser Wahl nun tritt die „Unabhängige Wählergruppe Pro Gemeinde Seddiner See“ mit einem 30-Prozent-Ergebnis neben einer gleichbleibend starken Linken auf den Plan. Ob die Ausdauer der „UWGS“ so lang ist wie der Name? Man darf gespannt bleiben. Henry Klix
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