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Potsdam-Mittelmark: Schwein gehabt

Der Frischling Eberhard lebt zurzeit in einer Pferdebox in Teltow-Seehof und soll bald in den Wildpark Johannistal kommen

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Teltow - Über zwei Stunden mussten Julian Dorsch und Dieter Schad warten. Es dämmerte bereits als endlich Bewegung in die Büsche am Rande der Pferdekoppel in Teltow-Seehof kam. Dieter Schad nahm sein Gewehr, legte an und zielte. Der erste Schuss, ein Volltreffer. Es war das Beste, was dem sechs Monate alten Frischling Eberhard passieren konnte.

In den vergangenen Wochen ist es turbulent zugegangen im noch jungen Leben Eberhards. Derzeit lebt das Wildschwein in einer Pferdebox auf dem Hof einer privaten Haltergemeinschaft in Teltow-Seehof. Ein Zuhause auf Zeit, wie Julian Dorsch, einer der Betreiber, sagt. Spätestens Ende August wird er das halbwüchsige Borstentier in eine Gitterkiste stecken müssen und mit einem Pferdeanhänger nach Baruth in den Wildpark Johannistal bringen, wo er künftig in einem Gehege mit zwei anderen Keilern leben soll. Dorsch möchte daran noch gar nicht so genau denken, denn freiwillig wird Eberhard nicht auf diese Reise gehen wollen. Doch ein Leben in einer Pferdebox kommt nicht in Frage und auswildern darf man Eberhard auch nicht mehr.

Als der Tierarzt Dieter Schad an jenem Freitagabend vor zwei Wochen auf Eberhard anlegte, verschoss er kein Schrot sondern einen Betäubungspfeil. Im April war der Frischling zum ersten Mal auf der Weide zwischen den sieben Pferden gesichtet worden. Julian Dorsch hielt die Berichte von dem kleinen Wildschwein auf der Koppel anfangs nur für eine nette Geschichte. Bis er das Schwein selbst sah. Dorsch erkundigte sich beim verantwortlichen Jagdpächter über das arg ungewöhnliche Verhalten. Der berichtete von einer Bache, die mit ihren Frischlingen auf einer Straße überfahren worden war. Eberhard war wohl der einzige, der diesen Unfall unbeschadet überlebte und nun bei den Pferden eine Ersatzfamilie suchte und fand. Aber warum nur hat man das arme Schwein Eberhard genannt?

Dorsch weist jegliche Verantwortung bei der Namensgebung zurück. „Als der Frischling regelmäßig auf der Koppel auftauchte, nannten ihn manche der Anwohner Schweini, andere Eberhard“, sagt Dorsch. Niemand wusste damals, dass es sich bei dem Frischling um einen strammen Burschen handelt. Irgendwann habe man sich dann auf den Namen Eberhard geeinigt. Dann kam der Tag, als Eberhard verschwand.

„Wir dachten, er hätte sich jetzt anderen Wildschweinen angeschlossen“, erzählt Dorsch. Nach drei Wochen war Eberhard aber wieder auf der Koppel. Doch sein rechtes Hinterbein trug er ständig hochgezogen, was auf eine Verletzung hindeutete. Dorsch handelte. Er telefonierte mit dem Tierarzt Dieter Schad, der mit seinem Gewehr kam.

„Ganz so einfach war die Aktion nicht“, erklärt Schad. Eberhard war verletzt und hätte Fieber haben können. So wurde die ohnehin schon schwierige Dosierung des Betäubungsmittels noch erschwert. Es hätte passieren können, dass Eberhard aus seinem unfreiwilligen Schlaf nie wieder aufgewacht wäre. Doch der kleine Kerl erwies sich als robust. Knapp 15 Minuten nach dem Treffer schlief er tief und fest. Dorsch und Schad brachten Eberhard schnell in die vorbereitete Pferdebox, wo Schad ihn untersuchte. „Der rechte Oberschenkelknochen war gebrochen und ist falsch zusammengewachsen“, erklärt Schad. Jetzt hat Eberhard ein verkürztes Hinterbein und wird sich nur noch dreibeinig fortbewegen können. „Das wird ihn aber kaum einschränken, soweit er sich nicht Futter suchen muss oder mit anderen Keilern kämpft.“ In freier Wildbahn wäre dies durchaus möglich. Doch in die darf Eberhard nicht zurück.

„Das Betäubungsmittel wird im Körper abgebaut und deshalb darf Eberhard nicht als Braten enden“, sagt Dorsch. Würde man Eberhard auswildern, könnte ihn durch einen gezielten Schuss eines Jägers genau dieses Schicksal ereilen. So wird der kleine Keiler jetzt sein Leben im Wildpark Johannistal verbringen dürfen. Da hat der Eberhard aber Schwein gehabt.

Wer für Eberhard spenden möchte, meldet sich bitte bei Julian Dorsch unter Tel.: 0162 134 81 69

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