Offene Höfe in Teltow: Schweine und Rübchen
Teltow - Margot schnauft und wühlt im Sand. „Schweinchen, du bist groß geworden!
Stand:
Teltow - Margot schnauft und wühlt im Sand. „Schweinchen, du bist groß geworden!“, jubelt ein Knirps hinterm Zaun und grunzend grüßt Hängebauchschwein Margot zurück. Neun Jahre alt ist das rosafarbene Borstenvieh, das am Sonntag in Teltow zum Tag der offenen Höfe der heimliche Star des Altstadtevents war. Viele Besucher kennen Margot bereits von den Hoffesten der letzten Jahre und so ist für sie eine Visite im Haus Nummer 1 a im Hohen Steinweg ein regelrechtes „Muss“.
Neben ihr gackern Hühner, deren Domizil ein alter Zirkuswagen ist, wie der verblassende Schriftzug „Circus Rocall“ verrät. Dahinter an einem Spalier wachsen zahlreiche Kiwis, von denen sich einige zu einem Stuhl herunterbeugen, aus dessen Sitzfläche Kräuter sprießen. Auch aus einem alten Eisenrohr drängt Grün ans Licht und ein alter Mercedeskühler scheint an der Grundstücksgrenze seine Zähne zu blecken. In den Höfen nebenan sind vor allem die Schattenplätze unter Nussbäumen und bunten Sonnenschirmen begehrt, um dort einen Kaffee zu genießen. Zudem werden Obstkuchen, Brezeln, Flammkuchen oder Gegrilltes angeboten. Viel Mühe haben sich die rund 30 teilnehmenden Hofbesitzer gemacht, um ihre Gäste lukullisch zu verwöhnen und auch das Restaurant Böfflamott hat seine Speisekarte erweitert.
Umso mehr verwundert es da, dass auf dem Marktplatz ein Großaufgebot an Imbisswagen platziert wurde. Dieser Platz könnte im Sinne des Festes kreativer genutzt werden. Die Kreativen waren derweil auf den Höfen anzutreffen, wo Kinder malen und basteln konnten, vorgelesen wurde und sich Jazzklänge über Altstadtmauern schwangen. Auf einigen Höfen gaben historische Fotos Auskunft über das Leben in der einstigen Ackerbürgerstadt. Scheunen, Leiterwagen und Pferde sind darauf zu sehen. Auch Schweine gab es in fast jedem Haushalt, um Essensabfälle oder Ernteüberschüsse zu verwerten. Auf einem alten Foto, auf dem fast die gesamte Einwohnerschaft des Hohen Steinweges vor ihren Häusern versammelt ist, tummelt sich auch Borstenvieh. Gut möglich, dass der hauseigene Schweinekoben damals eng war und den Tieren so etwas Bewegung verschafft wurde.
Überliefert ist die Geschichte einer Herde Ringelschwänze, die einem Teltower Amtmann gehörte und die ein Rübchenfeld zerwühlte. Diese Sauerei ließ sich der Bauer nicht gefallen und brachte die Sache 1855 vor das Königliche Kammergericht. Das muss viel Staub aufgewirbelt haben, denn der Berliner Maler Theodor Hosemann hat die Szenerie mit dem entsetzten Bauern, umringt von schmatzenden Schweinen, einst mit dem Zeichenstift festgehalten. Statt der Schweine sind es heute eher die Pferde, deren Misthaufen den Nachbarn in der Altstadt stinken, worüber sie sich oft im Beschwerdeportal Maerker beklagen. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: