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Potsdam-Mittelmark: Sehnsucht nach der Insel

Ihr Talent wurde in Werders Oberschulchor entdeckt. Heute tourt Sängerin Tina Hänsch um die Welt

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Ihr Talent wurde in Werders Oberschulchor entdeckt. Heute tourt Sängerin Tina Hänsch um die Welt Von Kirsten Graulich Werder – Als Sängerin reist Tina Hänsch um die Welt, nach Werder sehnt sie sich immer wieder zurück. Mindestens einmal im Jahr findet sie zwischen Tourneen und Auftritten Zeit für einen kurzen Besuch in der Havelstadt. So auch am Sonnabend beim Mühlenfest. Denn Tina Hänsch ist ein echtes Insulaner-Kind aus der Torstraße. Jedes Mal, wenn sie bei ihren Besuchen durch die schmalen Gassen streift, freut sie sich über den Wandel der Altstadt. Jeder Schritt bringt Kindheitserinnerungen: „Rund um die Kirche haben wir Verstecken gespielt und wenn abends um sechs die Glocken läuteten, hieß das für alle nach Hause gehen, Abendbrot essen.“ Auf dem Mühlenberg habe sie mal mit Freunden eine Maus begraben. Am Samstag sorgte sie dort für heiße Rhythmen in lauer Sommernacht. Tinas musisches Talent wurde im Schulchor der Werderaner Carl-von-Ossietzky-Oberschule entdeckt. „Da war ein Wettbewerb, bei dem es darum ging, wer am höchsten singen kann“ – es war die blonde zierliche Tina, die danach zur Musikschule Potsdam geschickt wurde. Dort absolvierte sie drei Jahre Klassik, obwohl sie lieber Schlager gesungen hätte, am liebsten wie ihr großes Vorbild Tina Turner. „Dann heuerten sie an der Musikschule die Sängerin Christel Schulze an und machten ein neues Fach auf.“ Als Tina Hänsch von der E-Musik in die Unterhaltung wechseln wollte, gab es einen Aufruhr. Der einzige hohe Sopran wurde nur ungern aus der Klassik entlassen. Sie hat diesen Schritt nicht bereut, bei der Musikpädagogin Christel Schulze habe sie viel gelernt. „Improvisieren zum Beispiel, da braucht man eine bestimmte Technik.“ Vor dem großen Start in den Beruf hat sie in Amateurbands gesungen. Sie war 15 als sie im legendären „Grünen Baum“ in Geltow auftrat und pro Stunde fünf Mark verdiente. „War damals ein tolles Taschengeld, und Papa hat mich hingefahren und wieder abgeholt.“ Später war sie Sängerin in verschiedenen Rock-, Pop- und Tanzbands, die von der Konzert- und Gastspieldirektion gemanagt wurden. So kam sie auch nach Leningrad, Gdansk und Riga. Kurz bevor das erste volkseigene Amiga-Vinyl von ihr das Licht der Welt erblicken sollte, kam die Wende. Die Enttäuschung währte nur kurz, denn schon 1992 fiel die kleine rockige Blonde mit der großen Röhre dem Chef des Rias-Tanzorchesters Horst Jankowski auf. Der engagierte sie auf der Stelle für seine Jankowski-Singers, und sie war fortan bei Sendungen wie „Musik liegt in der Luft“, „Die goldene Stimmgabel“ und „ZDF-Hitparade“ dabei. So lernte sie Chaka Khan, Gloria Gainor, Marissa Turner, Gitte Heanning, Udo Jürgens und Harry Belafonte kennen, war auf Live-Touren mit Tony Christie, Joy Fleming, Roberto Blanco und vielen anderen Weltstars. Und sie sang für Walt Disneys Filmproduktionen „König der Löwen“, „Pocahontas“ und „Die Schöne und das Biest“. Seit 1997 singt sie im Backgroundchor von Jocelyn B. Smith und tourt mit „Music & Voice“ durch die Lande. Auch das Baumblütenfest in Werder bleibt alljährlich ein wichtiger Termin im Kalender von Tina Hänsch. „Never be the same again“ hieß ein Song, den sie am Sonnabend zum Mühlenfest mit ihrer Berliner Band zum besten gab, eine wehmütige Reminiszenz an Zeiten, die nicht wiederkommen. Gekommen waren aber viele alte Freunde, vor allem aus der Schulzeit. Und so sprudelten die Erinnerungen: Deutsch, Musik und Sport waren Tina Hänschs Lieblingsfächer, nur vor Mathe grauste es ihr, obwohl Mathelehrer Gäding schwer in Ordnung war, wie sie betont. Vor den Abschlussprüfungen 1985 stand sie in Mathe auf der Kippe. Auf ihr Flehen hin ersparte er ihr die mündliche Prüfung: „Deshalb kriegt er auch jedes Jahr von mir Karten für das Sechs-Tage-Rennen.“ Ein zweiter Werderaner genießt das gleiche Privileg: Hartmut Bathe. „Meine erste Liebe“, erklärt sie schelmisch – und dass sie Fünf war, als sie mit ihrem Roller übers Holperpflaster zu ihm fuhr. Heute kein Grund mehr zur Eifersucht, wehrt sie lachend ab: „Wir sind gut befreundet.“

Kirsten Graulich

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