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Potsdam-Mittelmark: Selbststudium zum Mühlenfest

Besucher vermissten den Müller in der Mühle

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Werder - Klappern gehört zum Handwerk, lautet eine Redensart, die ursprünglich für den Windmüller galt. Aber die Flügel der Werderaner Windmühle stehen still, weil der Lärm die Nachbarn stören könnte – einer der Gründe, weshalb Müller Paul Hänsch vor wenigen Wochen Werder den Rücken kehrte (PNN berichteten). Vergeblich zupfte der Wind am vergangenen Samstag beim 14. Mühlenfest an den Flügeln und obwohl die Segel gesetzt waren, hätte auch eine Windböe die Mühle nicht zum Tanzen gebracht. Denn das Gehäuse auf dem hölzernen Sockel ist eine Bockwindmühle, aus deren Leib sich ein gewaltiger Schwenkbalken erdwärts reckt, mit dem man auch die Mühle in den Wind drehen kann.

Aber das, was Besucher sich von einem Mühlenbesuch erhoffen – das Knarren der Flügel – erleben sie auf dem Mühlenberg der Insel derzeit nicht. Nur drinnen im Mühlengehäuse knarrten manchmal die dicken Balken unter den Schuhen der Festbesucher, die am Nachmittag zahlreich die Treppe hinauf kletterten, um im Innern die Mechanik zu bestaunen. Zettel mit der Aufschrift „Mehlbalken“ oder „Hausbaum“ wurden bemüht, die Technik zu erläutern. Die meisten Leute zogen probeweise am Handseil, das einst dem Aufzug der Getreidesäcke diente, nun allerdings festgezurrt wurde. Besonders bestaunt wurden die hölzernen Zahnräder unterm Dach, die sich seit langem nicht mehr drehen. Verstaubt sind auch die Schrotmühlen und der Rüttelschuh, der früher das Mahlgut zwischen die Mahlsteine dosierte und auch für das Klappern zuständig war. Ein Handmühlstein weckte vor allem die Neugier junger Besucher, die staunten, wie viel Kraft man aufwenden muss, um den Stein mittels Handkurbel zu drehen. Etwas mehr erfuhren Besucher aus einem Faltblatt, das ein Mitarbeiter des Tourismusbüros an einem Stand unterhalb der Mühle verteilte. Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung besuche zur Zeit einen Lehrgang, um sich Mühlenwissen anzueignen. Die Stadt erhoffe sich davon, die Besucher zu den Öffnungszeiten der Mühle etwas fachkundiger über Inventar und Funktionsweise informieren zu können.

Betrieben werde die Mühle aber vorläufig nicht, weiß der Mann, „denn einige Teile der Mechanik bestehen noch aus Weichholz und müssen nachgefertigt werden, damit der Mahlvorgang auch sicher abläuft“. Ein Werderaner, der jedes Jahr beim Fest dabei ist, weiß, dass diese Sanierung dem Müller Hänsch zu lange gedauert habe, weshalb er seinen Vertrag kündigte. Die Stadt wolle offenbar nur ein Schaumahlen und überdies sei die Mühle für die Stadtväter mehr so eine „Ansichtssache wegen der Silhouette der Inselstadt“, meinte der Mann. Eine Verkäuferin in einem Souvenirgeschäft winkte ab, weil die „Mühle nur was für die Auswärtigen ist, die Werderaner interessieren sich doch gar nicht dafür“. Tatsächlich sind es vor allem Autos mit auswärtigen Kennzeichen, die an diesem Nachmittag die Straße rings um den Mühlenberg regelrecht umzingelten. Pausenlos lief aus Zapfhähnen kühles Blondes und Bratwurststände setzten Rauchzeichen, während die Musikanten des Eisenbahner Blasorchesters im Hof des Alten Rathauses für Stimmung sorgten. Ein paar Meter weiter präsentierten sich ortsansässige Vereine. K. Graulich

K. Graulich

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