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Bald kommunal? Bis Mitte 2017 muss der Kreistag über die Zukunft des Rettungsdienstes entscheiden.

© Henry Klix

Mittelmärkischer Rettungsdienst: Sind kommunale Retter schneller?

Grüne starten Diskussion, ob Notärzte und Sanitäter ab 2019 wieder beim Kreis angestellt sein sollen

Von Enrico Bellin

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Rettungssanitäter, die den Landkreis wegen schlechter Arbeitsbedingungen verlassen und zu langes Warten auf den Krankenwagen: Der mittelmärkische Rettungsdienst muss den Mitgliedern der Grünen-Kreistagsfraktion zufolge verbessert werden. Ob eine Rekommunalisierung des Dienstes die Zustände verbessern könnte, wollten sie bei einer Diskussionsrunde am Mittwochabend in Kleinmachnow mit Gästen aus den Nachbarlandkreisen Teltow-Fläming und Havelland klären.

Dort wurde der Rettungsdienst vor Jahren wieder von den Kommunen übernommen, in der Mittelmark wird er hingegen vom Deutschen Roten Kreuz, den Johannitern und dem privaten Anbieter Promedica erbracht. Die Verträge enden im Dezember 2018. Bis Mitte kommenden jahres muss eine Entscheidung fallen, ob die Verträge um fünf Jahre verlängert werden oder der Kreis den Dienst selbst organisieren soll, wie Klaus-Dieter Hallex, Leiter des Bereiches Rettungswesen des Landkreises, betonte. Der Kreis ist Träger des Rettungsdienstes und übernimmt hoheitliche Aufgaben, die Durchführung ist an die drei Unternehmen vergeben.

Schon Anfang des Jahres erreichten die Kreisverwaltung Notrufe einiger Betreiber, die Rettungssanitäter an Nachbarlandkreise verlieren würden, in denen bessere Löhne gezahlt werden könnten. Zudem kann seit Jahren im Landkreis die Hilfsfrist nicht eingehalten werden – statt wie gefordert in 95 Prozent aller Einsätze binnen 15 Minuten am Einsatzort zu sein, gelang das im Vorjahr nur bei 91 Prozent. „Wir haben im ersten Halbjahr unsere Quote schon auf 92,5 Prozent anheben können, im Jahresvergleich wird sie sicher weiter steigen“, so Hallex. Der Grund: In den Wachen wurden mehr Rettungswagen stationiert, in der Teltower Wache etwa soll ein drittes Fahrzeug in den nächsten Tagen einsatzfähig sein. Bei Einsätzen etwa von Werder auf die benachbarte Insel Töplitz oder im dünn besiedelten Westen des Landkreises gebe es aber weiteren Verbesserungsbedarf.

Besonders die Teltower Kollegen haben unter der Konkurrenz des Nachbarlandkreises zu leiden, wie ein Mitarbeiter im Publikum betonte. Viele Kollegen seien schon in den nur wenige Kilometer entfernten Kreis gewechselt. In Teltow-Fläming wurde der Rettungsdienst bis Januar 2013 rekommunalisiert. Dort hat man einen Eigenbetrieb für die hoheitlichen Aufgaben, die derzeit in der Mittelmark die Kreisverwaltung wahrnimmt, und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, die Rettungsdienst Teltow-Fläming GmbH, die die Einsätze fährt. Deren Geschäftsführer Denny Mieles hatte in einem Kurzvortrag den Werdegang und Probleme der dortigen Kommunalisierung vorgestellt, insgesamt hat der Prozess dort rund ein Dreivierteljahr gedauert.

Für die Konstruktion mit der Tochtergesellschaft hat man sich Mieles zufolge unter anderem entschieden, da freie Stellen in einer GmbH wesentlich schneller zu besetzen sind als in einer Verwaltung. „Wir können inzwischen die geforderten Hilfsfristen einhalten, was vor der Kommunalisierung nicht der Fall war“, so der Geschäftsführer. Auch seien die Attraktivität und das Image des Rettungsdienstes deutlich gestiegen. Im Gegenzug koste der Dienst jetzt mehr, auch sei die Umstellung für die Mitarbeiter sehr zeitaufwendig gewesen.

Auch aus dem Landkreis Havelland, wo der Rettungsdienst ebenfalls zurück in kommunale Hand kam und von der Rettungsdienst Havelland GmbH durchgeführt wird, berichtete deren Geschäftsführer Frank Heinrich. Dort sei es eine Herausforderung gewesen, die Strukturen aufzubauen, habe aber auch Vorteile wie die Angleichung der Technik auf allen Wagen. Im Havelland wie auch in Teltow-Fläming wurden alle Mitarbeiter der Rettungsdienste in die kommunale Gesellschaft übernommen.

„Durch die Kommunalisierung erhoffen wir uns, Mitarbeitern durch größere finanzielle Spielräume bessere Angebote machen zu können und eine bessere Rückkopplung zwischen Aufsichtsräten und der Politik zu haben“, erklärte Henry Liebrenz, Grünen-Kreistagsmitglied, der die Veranstaltung mit etwa 30 Besuchern gemeinsam mit dem gesundheitlichen Sprecher der Fraktion, Alan Oeff, moderierte. Die Meinungsbildung sei bei Mittelmarks Grünen aber noch nicht abgeschlossen. Im Jahr 2007 hatten sich die Grünen noch gegen eine Kommunalisierung ausgesprochen, damals war die Fraktion allerdings noch anders besetzt. Auch SPD und CDU hatten sich gegen die Kommunalisierung ausgesprochen, wie Linken-Fraktionsmitglied Astridt Rabinowitsch bei der Diskussion sagte. Die Linke war damals schon für die Kommunalisierung, und sei es heute ebenfalls, auch von SPD-Abgeordneten habe Rabinowitsch inzwischen aber Meinungswechsel gehört.

Die Grünen sehen ihre Veranstaltung als Auftakt zur Diskussion um die erneute Kommunalisierung. Nun müsse sie in den entsprechenden Kreisgremien fortgeführt werden. Enrico Bellin

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