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Potsdam-Mittelmark: Singende Baumkronen

38 Kinder proben im Werderaner Musical Camp für ihren großen Auftritt

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Werder (Havel) - „Wenn ihr sitzt, dann ganz weit vorn auf dem Stuhl und mit Spannung im Rücken“, ruft Christian Pohl in den Kirchenraum. Auf Befehl rücken 38 Kinder im evangelischen Gemeindezentrum Werder ein Stück auf ihrem Stuhl nach vorn und mit dem Kopf in die Höhe, ehe sie wieder aus voller Kehle in ihre Liedzeile einstimmen. „Ich will mehr Spannung“, unterbricht Pohl, der Künstlerische Leiter des Musical Camps, nach ein paar Tönen, lässt eine Pause und beginnt im Takt mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen. Schon nach der erste halben Stunde Probe an diesem Morgen läuft dem Erzieher, der sonst in der Kleinmachnower Grundschule der Hoffbauer-Stiftung arbeitet, der Schweiß von der Stirn. Davon ist bei den angehenden Musicalstars des Stücks „Jona – unterwegs im Auftrag des Herrn“, nichts zu spüren. Ihnen machts Spaß und Pohl gibt sich alle Mühe, die Kinder bei Laune zu halten: Der 42-Jährige singt, klatscht, gibt Anweisungen und spielt nebenbei Keyboard – alles in seinem Jahresurlaub. Bis Donnerstag muss alles sitzen, denn dann ist die Premiere des aufgepeppten Stücks mit alter Geschichte.

Hinter dem Backsteingebäude in der Werderaner Adolf-Damaschke-Straße reiht sich ein Zelt hinter dem anderen neben riesigen Sonnenblumen, einer Fischerhütte und einigen Bäumen, aus deren Blattkronen Lieder erklingen. Überall in dem großen Gemeindegarten scheint es zu singen.Vivien, Hana, Annika und Elisabeth haben es sich auf einem Nussbaum gemütlich gemacht und proben hier ihre Lieder. Die vier Mädchen, drei aus Berlin und eine aus Güterfelde, sind bereits zum dritten Mal beim Camp in Werder. Heiser vom vielen Singen sind sie nie, „daran gewöhnt man sich“, erklärt die 13-jährige Vivien. „Am zweiten Tag haben wir schon sechs Lieder gelernt, sagt Hana stolz. Natürlich noch nicht perfekt, aber es wird ja noch geübt. „Dafür stehen einige sogar schon früh um sechs Uhr auf“, erklärt Eckhard Adamus vom Kirchenkreis Werder, der das Musical Camp zum ersten Mal leitet. Seit 2005 hat das Projekt in Werder eine feste Bleibe gefunden. Insgesamt steht es schon seit 17 Jahren unter der künstlerischen Leitung von Christian Pohl.

Das Prinzip ist einfach, mit Sack und Pack, mit Zelt und Schlafsack reisen die Kinder an die Havel, singen, spielen, schlafen und präsentieren nach achttägiger Probe ihr Musical. In diesem Jahr „Jona“, den von Gott auserkorenen Propheten, der die Bewohner der assyrischen Stadt Ninive vor ihrem schlechten und bösen Lebensstil warnen soll, um so die Strafe Gottes abzuwenden. Doch statt sich dem Auftrag zu fügen, flüchtet der Prophet vor der Aufgabe und vor Gott. Er hat keine Lust.

„Wir verändern das Stück noch ein wenig und passen es unseren Sängern an“, verrät Pohl, „je nach deren Charakter.“ Vielleicht wird die Hauptrolle in diesem Jahr sogar ein Mädchen spielen, deutet er mit einem Augenzwinkern an, aber das entscheiden erst die nächsten Tage.

„Es ist schon ungewohnt nur zuhören zu können“, erzählt die 16-jährige Johanna Baars, die nun in ihrem vierten Jahr erstmals nicht mit auf die Bühne darf. Sie ist zu alt. „Wir haben hier strenge Altersvorgaben“, erklärt Adamus. Johanna gehört dafür zum Team und passt auf die Jüngeren auf. Zwischen 10 und 15 Jahren müssen die Kinder alt sein, um mitsingen zu können. „Wir haben sogar Kinder, die warten sehnsüchtig darauf, endlich zehn zu werden“, erzählt Adamus. Doch selbst das ist keine Garantie zur Teilnahme. Im Dezember beginnt die Anmeldephase für jeden, egal welcher Konfession. Bis Weihnachten ist meist alles ausgebucht. 130 Euro kosten Unterkunft und Verpflegung im Musical Camp.

Das Ende des Stücks, wollen Pohl und Adamus nicht verraten. Nur soviel: Auf wundersame Weise führt es Jona zwar erst in einen Walbauch, letztendlich aber doch nach Ninive. Interessierte können den Ausgang am 14. August in der Potsdamer Erlöserkirche und am 16. August auch im Glindower Kunsthof in der Dorfstraße 30 erfahren. Beginn ist jeweils 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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